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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

daß sie bei Schindlers bleiben konnte, wenn sie alles leugnete und sie hat es doch nicht getan, ferner hat sie den Frauen Koslowski und Dreßler gesagt, Sternberg hätte noch mehr verdient. Ähnliche Äußerungen hat sie gegenüber der Frau Piper und anderen Schulmädchen gemacht. Alles das spricht klar dafür, daß die Erzählungen nicht Erfindungen einer krankhaften Phantasie gewesen sind. Es wäre auch ganz undenkbar, daß Frida Woyda solche Erfindungen monatelang behalten und in der ersten Verhandlung trotz aller Einreden der Verteidigung aufrecht hielt. Dazu werden die Erzählungen noch mit unterstützt durch die Auta Wender. Die Gutachten der medizinischen Sachverständigen sind voll berücksichtigt worden, aber der Gerichtshof ist der Meinung, daß Frida in diesem konkreten Falle nicht die Unwahrheit gesagt hat. Wenn sie jetzt anders aussagt, so beruht dies augenscheinlich auf Beeinflussung. Es ist festgestellt, daß zahlreiche Verbrechen begangen sind, um die Taten des Angeklagten zu verdunkeln, daß mit Sternbergschem Gelde die unsaubersten Machenschaften Platz gegriffen haben und es liegt auf der Hand, daß diese vor der Hauptzeugin Frida Woyda nicht Halt gemacht haben. Mit Sicherheit ist nicht festgestellt worden, von wem die Beeinflussungen ausgegangen sind, aber Herrn v. Tresckow und dem Lehrer ist das veränderte und verstockte Benehmen nach der ersten Verhandlung aufgefallen. Dazu kommt, daß dem Zeugen Stierstädter plötzlich das veränderte Verhalten der Eheleute Blümke ihm gegenüber auffiel. Frida fiel um in dem Augenblick, als Stierstädter den Befehl erhielt, seine Ermittelungen einzustellen. Auf eine Beeinflussung deutet ferner, daß Blümkes keine Anzeige von der anderen Aussage des Mädchens gemacht haben, endlich die gleichlautende Motivierung Fridas: „Stierstädter hat mir es eingeredet!“ Die Richter müßten in geradezu grenzenloser Weise leichtgläubig sein, wenn sie dies glauben sollten. Der Gerichtshof ist der Meinung, daß sie zu der diesmaligen Aussage abgerichtet ist, und zwar nach der bestimmten Methode,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/325&oldid=- (Version vom 1.8.2018)