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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

ja gar nicht als Braut des Preßler. – Vors.: Durch Zufall erfuhr nun Ihre Mutter von Ihrer Schwangerschaft und veranlaßte Sie, sich Preßler preiszugeben? – Angekl.: Ja, ich ging scheinbar darauf ein und schrieb Preßler liebenswürdige Briefe. – Vors.: Was hat Sie dann zu der Abtreibung, die Sie durch die Hebamme Kunze vornehmen ließen, veranlaßt? – Angekl.: Darüber möchte ich nichts sagen. – Vors.: Was haben Sie denn zu Merker gesagt? – Angekl.: Ich sagte, ich sei gefallen. – Vors.: Glaubte er das? – Angekl.: Nein, er war mißtrauisch. Mein Vater hatte daher Angst, daß er uns anzeigen könnte. – Vors.: Ihr Vater wußte also von der Abtreibung? – Angeklagte: Nein, daran ist er ganz unschuldig. Am 5. Dezember schrieb Preßler einen zwölf Seiten langen Brief, worin er in die Entlobung willigte. Ich sagte Merker, daß ich die Verlobung mit Preßler aufgelöst hätte. Mit Preßler hatte ich dagegen ausgemacht, daß wir trotz der Entlobung miteinander verkehren und uns gegenseitig die vollste Freiheit garantieren wollten. Am Weihnachtsheiligenabend kam Preßler zu uns. – Vors.: Merker war auch da? – Angeklagte: Ja, ihm war es natürlich gar nicht recht, daß Preßler ebenfalls da war. Es kam sogar zu einer heftigen Szene zwischen ihm und mir, am Abend söhnten wir uns jedoch aus. – Vors.: Sie blieben die Nacht bei ihm? – Angekl.: Ja. Nach gar nicht langer Zeit erhielt mein Vater von Merker einen Brief, in dem ihm Wortbruch vorgeworfen wurde. Es wäre gar nicht wahr, daß die Verlobung mit Preßler aufgehoben sei, denn Preßler sei ja zu Weihnachten dagewesen. Damit war die Situation für mich kritisch geworden. Wenn Merker etwas von der Abtreibung verriet, war ich verloren. Ich faßte daher den Plan, mich zu töten. – Vors.: Sie ließen sich einen Revolver besorgen, und zwar brauchte es nach Ihren Worten kein eleganter Revolver zu sein, sondern einer, der gut trifft? – Angekl. Vor allem lag mir daran, einen Revolver zu bekommen, der

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 298. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/302&oldid=- (Version vom 31.7.2018)