Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 6 (1912).djvu/304

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

Dadurch entstand in mir der Verdacht, daß Preßler Grund hatte, vor irgend Jemandem etwas zu verschweigen. Durch diese Umstände kam ich darauf, unter dem Namen einer gewissen Leonore Veroni zunächst zwei Briefe an mich selbst zu schreiben. In dem einen lasse ich die Schreiberin mich um eine Unterredung bitten. – Vors.: Nach meiner Auffassung kann die Erfindung nur unter dem Gesichtspunkte verstanden werden, daß Sie Preßler vor der Öffentlichkeit bloßstellen und dadurch den Eindruck hervorrufen wollten, er habe die Waffe gegen sich selbst gerichtet. – Angekl.: Ich sagte Merker, Preßler sei bereits verheiratet, und ich hätte mit Frau Veroni selbst gesprochen. Diese habe den Plan, am Hochzeitstage aufzutreten, und dann würde ich frei sein. – Vors.: Dachten Sie zur Zeit der Abfassung der Briefe noch nicht an die Tötung Preßlers? – Angekl.: Nein, ich wollte nur Merker täuschen. – Vors.: Am 9. März 1907 soll Merker nach Chemnitz gefahren sein, um sich nach Frau Veroni zu erkundigen, aber er fand sie natürlich nicht. – Angekl.: Das ist richtig. – Vors.: Am Abend soll er dann ärgerlich zu Ihnen nach Freiberg gekommen sein. – Angekl.: Ja, wir versöhnten uns aber. – Vors.: Sie blieben die Nacht zusammen? Angekl.: Ja. – Vors.: Die Hochzeit wurde nun wegen der Erkrankung Ihres Vaters wiederholt verschoben? – Angekl.: Ja. – Vors.: In diesen Tagen fuhren Sie mit Preßler nach Leipzig, um Silberzeug zu kaufen? – Angekl.: Ja. – Vors.: Aber damals hegten Sie doch schon Mordgedanken? – Angekl.: Ja. Ich wußte nur noch nicht, wie ich es anfangen sollte. – Vors.: Also Sie kauften mit dem Bräutigam Silberzeug für die Wohnung, im geheimen sannen Sie aber darauf, wie Sie ihn um die Ecke bringen könnten? – Angekl.: Ja. – Die Angeklagte erzählte alsdann, daß sie einen Moment, als sie allein im Bureau ihres Vaters war, benutzte, um den Tischkasten herauszuziehen und den darin liegenden Revolver an sich zu nehmen. Sie trug ihn dann in der Aktenmappe

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/304&oldid=- (Version vom 31.7.2018)