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auf der Theilstrecke von Leipzig nach dem Dorfe Althen am 24. April 1887 gesagt war, daß er „als ein ehrendes Zeichen für den biederen Sinn der Leipziger Mitbürger“ einen Toast auf den amerikanischen Consul, Herrn List, ausbrachte, als den Ersten, der die Idee von Eisenbahnen in Leipzig angeregt und wesentlich zur Begründung des Unternehmens beigetragen habe. Doppelt ehrend für Wilhelm Seyfferth war es, daß er auch nach Jahrzehnten dieselbe dankbare Gesinnung dem genialen vielverkannten List erhalten hat und dafür sorgte, daß sein Name


wogte es noch unaufhörlich, so daß die volkreiche Stadt trotz der Messe und der ungeheuren Anzahl Fremder wie verödet schien. Um 9 Uhr sollte die erste Fahrt beginnen. Sechs Wagen standen bereit, die Zahl der Geladenen aufzunehmen. Der erste war ein offener Wagen, gefüllt mit dem Musikchore des in Leipzig garnisonirenden Schützenbataillions, das seine freudigen rufenden Hörnerklänge weit hin in die Lüfte sendete und alle Herzen jauchzen machte. Die übrigen fünf verdeckten Wagen waren von der äußersten Eleganz, im Innern bequem wie Sopha’s. Schon schnaufte der prächtige „Blitz“, der die Wagen führen sollte, wie ein ungeduldiges Roß aus seinen Nüstern und harrte voll innerer Unruhe des ersten Glockenschlages der 9. Stunde als des Zeichens der Abfahrt, da hörte man auf einmal, es war 3 Minuten vor 9 Uhr, den jauchzenden Jubelruf det dichtgedrängten Menschenmenge: „Prinz Johann kommt!“ Und wirklich langte der edle allverehrte Prinz mit seinem ältesten Sohne Albrecht und dessen Erzieher, dem Geheimen Rath von

Langenn direct von Dresden an. Der vortreffliche Fürst war zwar erhofft und ersehnt worden, aber man hatte doch nicht mit Bestimmtheit seiner Ankunft entgegengesehen. Um so größer war die Freude. Se. kgl. Hoheit war die ganze Nacht über gefahren, um an der Eröffnungsfeierlichkeit Theil zu nehmen. Und es muß gesagt werden, wo irgend Etwas die Interessen des Vaterlandes vereinigte, fehlte gewiß nie Einer aus dem alten, treuen Fürstenstamme des Hauses Wettin! Schnell bereitete man d1e Plätze für die erhabenen Gäste vor. — Punkt 9 Uhr setzte sich der mit Kränzen und Fahnen geschmückte „Blitz“ in Bewegung. Der Donner der Böller und der Jubelruf der Mitfahrenden und der Zuschauer begleiteten die Wagen aus dem mit Wimpeln geschmückten Bahnhofe. Manche Wagen und Reiter versuchten den brausenden Stürmer aus der nahen fast parallel laufenden Chaussee zu begleiten, um an seine Kräfte und Schnelligkeit den richtigen Maßstab zu legen. Anfangs langsam rollend, brauste der Dampfwagen immer schneller und schneller dahin. Bald war er aus dem Gesichtskreise der ersten Zuschauer. Ueberall salutirten die aufgestellten Militärpickets und Wachen, jeder Bahnwärter stand gravitätisch auf seinem Posten und gab mit der vorgestreckten Hand das Zeichen, wie alles in Ordnung sei. Man flog über die zwei Chausseen, die Dörfer rechts und links liefen im Nu an dem Blicke vorüber. Sellerhausen, Paunsdorf, Engelsdorf, Sommerfeld — da lag Althen, und der Willkommen des hier vereinigten Musikchors aus Leipzig löste die Militärmusik ab, welche den lärmenden Wagen auf der Fahrt zu übertönen gesucht hatte. Man war 20 Minuten gefahren, denn nicht allein, daß der Wagenmeister (Locomotivführer) auf dieser kurzen Strecke nicht die

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Robert Krause: Friedrich List und die erste große Eisenbahn Deutschlands. Leipzig 1887, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_List_und_die_erste_grosse_Eisenbahn.djvu/09&oldid=- (Version vom 17.8.2016)