Seite:Friedrich List und die erste grosse Eisenbahn.djvu/16

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Diesen Orakelspruch veröffentlichte der Gelehrte auch in der von ihm herausgegeben Zeitschrift. Aber List ließ sich nicht entmuthigen. Er vertheilte nun seine Schrift kostenlos in 500 Exemplaren an sämmtliche sächsische Regierungsbehörden, an den Stadtrath und die Stadtverordneten in Leipzig, an beide Häuser des Landtages, an die Ministerien, den Prinzen und an den König, sowie an die Bankiers und Großhändler in Leipzig und Dresden. Jetzt erst wurde man aufmerksam und mit List’s Bestrebungen bekannt und vertraut. Von verschiedenen Seiten wurde ihm Dank ausgesprochen, und man gestand offen, List habe zuerst den großen Beweis geführt und die öffentliche Meinung darüber belehrt, daß es weniger auf den „Waarenzug“ als auf den Gesammtverkehr im Innern ankomme.

List lebte nun wieder auf und gewann neue Hoffnung für seine Sache. Es setzten sich alsbald junge, reiche und angesehene Bürger Leipzigs mit ihm in Verbindung, die für den Bau einer Eisenbahn mitzuwirken entschlossen waren. Der Erste, der sich erbot, war der schon genannte Bankier Wilhelm Seyfferth. List berieth mit ihm die nächsten Schritte. Später schlossen sich noch an: Albert Dufour-Feronce, Gustav Harkort und Carl Lampe, und man kam auf List’s Vorschlag hin überein, eine Eingabe an die Regierung und den Landtag zu machen.

Dieses Vorhaben fand sogleich die lebhafteste Unterstützung durch den allgemein beliebten und geachteten Vertreter der Regierung in Leipzig, den Hof- und Justizrath von Langenn. Dieser begeisterte sich noch mehr für die Eisenbahnen nach verschiedenen Unterredungen mit List über das Technische, Finzanzielle und Volkswirthschaftliche in dieser Frage. In der Eingabe wurde um ein Enteignungsgesetz und die Concessionierung einer Eisenbahn-Compagnie, sowie um die Erlaubniß zur Niedersetzung einer städtischen Commission und die Uebernahme der Vermessungs- und Untersuchungskosten nachgesucht. Die Bürgerschaft Leipzigs war durch Langenn zu einer Versammlung aufgefordert, um die Eingabe zu unterzeichnen. Es fanden sich 316 Unterschriften, und am 20. November 1833 ging die Eingabe an die Regierung nach Dresden ab. Bei dem um diese Zeit tagenden Landtage erfolgten hierauf anerkennende Erklärungen, ohne daß jedoch in der Sache selbst ein Beschluß erfolgen konnte. Der damalige Staatsminister von Carlowitz, der sich dem Projecte ebenfalls sehr günstig erwies, lud nun zur weiteren Besprechung den Herrn von Langenn und einen

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Robert Krause: Friedrich List und die erste große Eisenbahn Deutschlands. Leipzig 1887, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedrich_List_und_die_erste_grosse_Eisenbahn.djvu/16&oldid=- (Version vom 18.8.2016)