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W. Taubert. An die Geliebte. Acht Minnelieder für das Pianoforte.
W. 16.
[H 1]


Der Componist gehört zu den Talenten, die, ohne irgend den Kampf und Haß der Parteien zu erregen, sich bei allen, Classikern wie Romantikern, Kennern wie Laien, Achtung und Ansehn erworben haben: zu den gebildeten Conservativen, die wohl mit voller Liebe am Alten hängen, aber auch Empfänglichkeit für neue Erscheinungen und Kraft zu eignen Anschauungen besitzen. Dies letzte offenbart sich namentlich in der obigen Composition von Neuem. Zwar find’ ich schon in der reizend schwermüthigen G moll-Etüde von Ludwig Berger,[H 2] dem Lehrer von Mendelssohn und Taubert, ein recht eigentliches Lied ohne Worte, aber Mendelssohn gab dem Genre einen Namen und Taubert führte ihn in noch andrer Weise aus. Nur hätt’ ich (so wenig es im Ganzen verschlägt) statt der Ueberschrift „Minnelieder“ eine bezeichnendere gewünscht; denn man kann wohl Lieder „ohne“ Worte sagen, aber im Begriff Lied (ohne jenen Zusatz) liegt das Mitwirken der Stimme eingeschlossen. Vielleicht würd’ ich die Musik einfach „Musik zu Texten von Heine“ u. s. w. genannt haben. Denn darin unterscheiden sie sich von den Mendelssohnschen, daß sie durch Gedichte angeregt sind, während jene vielleicht umgekehrt zum Dichten anregen sollen.

Ich weiß nicht, ob die Musik dem vorgesetzten Gedichte

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Wilhelm Taubert, An die Geliebte op. 16, Acht Minne-Lieder für Pianoforte. Berlin: Westphal, 1834.
  2. [WS] Ludwig Berger, 12 Etudes op. 12, Nr. 11, Berlin: Christiani (1819) spätere Ausgabe (IMSLP).