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werden kann. Allerdings war die Wirkung dieser Klage eine ihm unvermutete, wie wir sehen werden.

Bevor weitere Briefe veröffentlicht werden, erinnern wir nochmals daran, dass der hierbei leitende Zweck der ist, den Leser durch dieses Material selbst in den Stand zu setzen, sich ein Urteil zu bilden, ob Weishaupt mit Recht beschuldigt werden kann, infolge seines Ehrgeizes bemüht gewesen zu sein, alle erreichbaren Ämter an sich zu reissen. Es ist die Frage zu beantworten: Ist Weishaupt herrschsüchtig, nur allein für sich interessiert, ein Intriguant für seine Zwecke, kurz ein missratener Charakter, als der er oft hingestellt wird? Muss der Leser eine solche Ansicht unbedingt gewinnen, so lässt selbstverständlich diese für die Zwecke der Ordensbegründung recht ungünstige Schlüsse zu. Die näheren Umstände bis zum 1. Mai 1776 daher genau kennen zu lernen, soweit das heutzutage noch möglich ist, dürfte für ein gerechtes Urteil unerlässlich sein, mag auch unserer heutigen Zeit, diese Professorenstreiterei selbst kleinlich vorkommen. Den damals Lebenden erschien sie nicht so und vielen jetzt Lebenden auch nicht, sonst würden diese Umstände nicht noch heute dazu dienen müssen, durch Schrift und Wort als Beweise der Charakterunlauterkeit des Ordensstifters herangezogen zu werden.

Am 12. Mai 1775 schreibt Weishaupt an Lori folgenden Brief:


Hochwohlgeborener, Hochgebietender Herr Geheimer Rat!

Gestern den 11ten Currentis ist mir ein, in der aufschrift an Decan und facultät gerichteter, erbrochener Churfürstlicher gnädigster Befehl zu Händen gekommen, in welchem mir ad interim die letzten Institutionen mit beybehaltung der Vorgeschriebenen tage und stunden aufgetragen wird, ich habe mich so wie ich es gestehen Mus aus blossem Patriotismus Sr. Churfürstlichen Durchl. selbst erbotten in dessen die Institutionen statt des Herrn von Weinbach zu suppliciren und Höchstdieselben haben sich dahin geäussert, dass ich ohnehin schon mit Collegien Überladen wäre und das sie mich davon entübrigen wollten.[1] da ich nun Von der gnädigsten Gesinnung schon Versichert bin, so Mus ich mich höchstens Verwundern, das ich


  1. Hieraus scheint hervorzugehen, dass er diese Äusserungen während seines zweiten Aufenthaltes in München in Audienz erhalten hat.
Empfohlene Zitierweise:
Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_046.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)