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Heuer sah er mit ganz besonders gemischten Gefühlen dem dräuenden Ereignis entgegen. Frau Bender hatte so ganz nebenbei verlauten lassen, daß sie dieses Mal eine besonders eingehende und gründliche Reinigung vorzunehmen gedächte. So alle paar Jahre wäre das dringend nötig. Sie hätte bereits genügendes Hilfspersonal engagiert.

Da war ja Entsetzliches zu erwarten.

Und eines Tages war es dann losgegangen.

Herr Bender hatte nach dem Frühstück harmlos im Wohnzimmer gesessen und die Zeitung gelesen, als plötzlich seine Frau, gefolgt von drei bis an die Zähne mit Eimern, Besen, Putztüchern und sonstigen seltsamen Geräten bewaffneten, ihm gänzlich unbekannten, gar nicht sehr liebreizend aussehenden weiblichen Wesen entschlossen und mit schweren Schritten in das Zimmer trat. Die Begeisterung der Krieger, die unter dem Einfluß einer großen, göttlichen Idee in die Schlacht ziehen, lag auf ihren Stirnen.

Wie gebannt starrte Rizinus aus seinem Sessel diesem Aufzug entgegen.

Vor allem wurden sämtliche Türen und Fenster geöffnet und Durchzug hergestellt.

Wie ein Feldherr vor dem Angriff gab Mutter Bender bestimmt und kalt ihre Befehle.

Auf den Ruf „Franz“, den sie gellend ausstieß, kam ein breitschulteriger Mann in Arbeiterkleidung, in den besten Jahren und mit einer Leiter. Das gleiche Leuchten einer eigentümlichen Ekstase lag auf seinem Gesicht.

Die Leiter wurde an die Wand gelehnt und der Mann, den die Frauen „Franz“ nannten, kletterte behende hinauf. Bild auf Bild wurde heruntergeholt.

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Leipzig: Ernst Rowohlt Verlag, 1911, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/045&oldid=- (Version vom 18.8.2016)