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Hans Flach: Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 8
Zum Leben Hesiods

Wettkampf in Aulis entstehen konnte, wenn jene Lesart im Certamen richtig ist, da man später eifersüchtig auf den Ruhm von Chalkis ward (wie auch eine ähnliche Sage im vielbesuchten Delos entstand, Schol. Pind. Nem. II 1), und wie vor allen Dingen es möglich war, dass die Sage, vom Tode des Dichters, die in der ältesten und richtigen Gestalt mit dem ozolischen Lokris verbunden war (Thuc. III 96), auch nach dem opuntischen Lokris übertragen wurde, welches dem Wohnort Hesiods, Aulis, benachbart war. Also auch dieser Mythus (ἀποκτείσαντες εἰς τὸ μεταξὶ τῆς Εὐβοίας καὶ τῆς Λοκρίδος πέλαγος κατεπόντισαν, Certamen p. 322) wird in Aulis entstanden sein, weil dessen Einwohner nicht begreifen konnten, wie Hesiod nach dem ozolischen Lokris gekommen sei, was andrerseits das Natürlichste war, wenn er von Delphi aus eine dem Peloponnes entgegengesetzte Richtung in seiner Wanderung einschlagen wollte. Dann ist wieder wahrscheinlich, dass, wie in der alten Localsage von Naupaktos auch das Vorgebirge Rhion (freilich gleich dem gewöhnlichen Antirrhion s. Nietsche S. 235) vorkam (Plutarch Conviv. 19), so auch das benachbarte Chalkis erwähnt wurde, und dass dieser Umstand die Verwechslung mit dem euboiischen Chalkis hervorgerufen und dadurch die Sage vom Wettkampf dort erzeugt hat, wie vielleicht der zuerst in der alten Sage vorkommende Name Ganyktor, zunächst als Vater der Mörder Hesiods bei Eratosthenes, dann als einer der Mörder, Sohn des Phegeus bei Alkidamas, endlich beim Entstehen der euboiischen Sage zum Sohn des Königs Amphidamas von Chalkis gemacht wurde (γένος p. 6 und p. 16 und Alkidamas im Certamen p. 315; s. Nietsche S. 230). Freilich sind dies Combinationen, aber nach unsrer Meinung ist es Pflicht, wenigstens Aulis in der Lebensgeschichte Hesiods zu restituiren. Indessen ob er sich längere oder kürzere Zeit dort aufgehalten, oder gar ob er bis zu seiner Orakelreise nach Delphi dort gelebt, das ist um so weniger zu behaupten, als gerade die Nachrichten von den letzten Lebensjahren entschieden auf eine Art Wanderleben hinweisen, wodurch eine jede derartige Vermuthung keine Wahrscheinlichkeit in Anspruch nehmen kann.

Ich bin mir bewusst bei dieser Darstellung in einigen Punkten von Nietsche wesentlich abzuweichen, werde aber versuchen, diese Abweichungen zu motiviren. Wie Certamen p. 315 von Nietsche verbessert ist Χαλκίδι τῆς Εὐβοίας für Αὐλίδι τῆς Βοιωτίας

Empfohlene Zitierweise:
diverse: Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 8 (1874). 1874, Seite 463. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermes_8_463.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)