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Karl Leberecht Immermann: Waldmährchen. In: Schriften, Band 10: Münchhausen, Theil 3. S. 141-186

auch sein Gemüth arbeitete unter der Last schwerer Erinnerungen. – Endlich kam er, nachdem ihm der Pfad längst unter den Füßen geschwunden war, auf einen schönen, glatten, dunkeln Platz unter mächtigen Eichen. Noch immer hörte er aus der Ferne seinen Namen rufen. Hier wird mich der rohe Laut von da draußen nicht mehr erreichen, sagte er, hier werde ich still geborgen seyn. Er sank an einem großen moosbedeckten Steine nieder, seine Brust wogte, er kämpfte mit einem gewaltigen Gelüste. Vergieb mir, hoher Meister, meinen Fürwitz, rief er; aber es giebt ein Wissen, dem die That folgen muß, sonst erdrückt es den Sterblichen! Hier, näher dem Herzen der großen Mutter, wo unter dem Sprießen und Wachsen schon vernehmlicher ihre Pulse klopfen, hier muß ich es aussprechen, das Zauberwort, welches ich von deinen schlafenden Lippen ablauschte, als du es im Traume sprachest; das Wort, auf dessen Ertönen die Creatur den Schleier hinwegwirft, die Kräfte sichtbar werden, die unter Rinde und Haut und im Kerne des Felsens arbeiten, und die Sprache des Vogels dem Ohre verständlich klingt.

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Karl Leberecht Immermann: Waldmährchen. In: Schriften, Band 10: Münchhausen, Theil 3. S. 141-186 . Schaub, Düsseldorf 1839, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Immermann_Waldmaehrchen.djvu/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)