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Karl Leberecht Immermann: Waldmährchen. In: Schriften, Band 10: Münchhausen, Theil 3. S. 141-186

gespült hatte, saßen der junge Ritter Konrad und die Schöne, welche er ohne magische Künste aus dem Schlummer geweckt hatte. Lieblich drängten sich rothe, blaue und gelbe Kelche aus den Gräsern um sie her, und das Paar blühte in Jugend und Schönheit, der Ritter in seinem bunten Schmuck, die Jungfrau in ihren silberglänzenden Schleiern, als die herrlichste Blume aus diesem Schmelz empor. Er hatte seinen Arm sanft um ihren Leib gelegt und sagte, ihr treu und zärtlich in das Auge sehend: Bei der Asche meiner lieben Mutter, und bei dem heiligen Zeichen auf dem Griffe dieses Schwerts, ich bin, der ich mich dir genannt habe, Herr meiner Schlösser und meiner Tage, und beschwöre dich nun, du holdseliges Wunder dieses Forstes, daß deine Lippen das Wort sprechen, welches mich auf ewig dir in den Besitz geben wird, den der Priester vor dem Altare weihen und segnen soll. –

Was für ein Wort begehrst du noch? sagte die Schöne leise, indem sie züchtig die Wimpern senkte. Hat nicht mein Auge, meine Wange, mein klopfender Busen Alles gesprochen? Minne ist eine gewaltige Königin; sie fährt daher unversehens und ergreift, den sie mag, ohne Widerstand zu dulden.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Leberecht Immermann: Waldmährchen. In: Schriften, Band 10: Münchhausen, Theil 3. S. 141-186 . Schaub, Düsseldorf 1839, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Immermann_Waldmaehrchen.djvu/37&oldid=- (Version vom 1.8.2018)