Seite:Kalewala, das National-Epos der Finnen - 051.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

     Selbst der Schmieder Ilmarinen
Freut sich seiner keinesweges,
Bricht den Bogen von einander,
Wirft ihn wieder in das Feuer;
Ließ die Knechte wieder blasen,
Ließ sie unverdrossen schüren.
     An dem zweiten Tage beugte

340
Selbst der Schmieder Ilmarinen

Sich herab um zuzuschauen
Auf dem Boden seiner Esse;
Aus dem Feuer drang ein Nachen,
Drang ein Boot mit braunem Scheine,
Golden ist der Bord verzieret,
Kupfern sind die Ruderhaken.
     Schön von Anblick ist der Nachen,
Aber leider bösgeartet:
Zieht ganz ohne Noth zum Kampfe,

350
Ohne Anlaß zu dem Streite.

     Selbst der Schmieder Ilmarinen
Freut sich seiner keinesweges,
Bricht das Boot in tausend Trümmer,
Wirft es wieder in das Feuer;
Ließ die Knechte munter blasen,
Ließ sie unverdrossen schüren.
     An dem dritten Tage beugte
Selbst der Schmieder Ilmarinen
Sich herab um zuzuschauen

360
Auf dem Boden seiner Esse;

Eine Kuh dringt aus dem Feuer,
Golden strahlen ihre Hörner,
An der Stirn der Bär vom Himmel,
Auf dem Kopf das Rad der Sonne.
     Schön vom Anblick war die Kuh wohl,
Aber leider bösgeartet:
Schlief beständig in dem Walde,
Ließ die Milch herab zum Boden.
     Selbst der Schmieder Ilmarinen

370
Freut sich ihrer keinesweges,

Schneidet sie in kleine Stücke,
Wirft sie wieder in das Feuer;
Läßt die Knechte munter blasen,
Läßt sie unverdrossen schüren.
     An dem vierten Tage beugte
Selbst der Schmieder Ilmarinen
Sich herab um zuzuschauen
Auf dem Boden seiner Esse;
Aus dem Feuer drängt ein Pflug sich,

380
Golden strahlet seine Spitze,

Kupfern ist der Schaft desselben,
Silbern ist der Knopf am Schafte.
     Schön vom Anblick ist der Pflug wohl,
Aber leider bösgeartet,
Er durchwühlt die fremden Felder
Und durchfurcht die schönsten Wiesen.
     Selbst der Schmieder Ilmarinen
Freut sich seiner keinesweges,
Bricht den Pflug gar rasch in Stücke,

390
Wirft ihn wieder in die Esse;

Läßt die Winde kräftig blasen,
Läßt den Sturm das Feuer schüren.
     Rasch erbrausten da die Winde,
Ostwind blies und Westwind brauste,
Kräftig war des Südwinds Blasen,
Gar gewaltig stürmt der Nordwind,
Blasen einen Tag, den zweiten,
Blasen fort am dritten Tage,
Aus dem Fenster sprüht das Feuer,

400
Aus der Thüre fliegen Funken,

Auf zum Himmel Staubgewölke,
Mit den Wolken mischt der Rauch sich.
     Ilmarinen, er, der Schmieder,
Beugte an dem dritten Tage
Sich herab um zuzuschauen
Auf dem Boden seiner Esse;
Sah den Sampo schon entstehen,
Sah den bunten Deckel wachsen.
     Ilmarinen, er, der Schmieder,

410
Dieser ew’ge Schmiedekünstler,

Schmiedet mit behenden Schlägen,
Klopfet mit gar kräft’gem Hammer,
Schmiedet gar geschickt den Sampo,
Daß er Mehl auf einer Seite,
Auf der zweiten Salz er mahlet,
Auf der dritten Geld in Fülle.

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_051.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)