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25 I. Abschnitt. Von dem Raume. 25

überhaupt, sondern eine reine Anschauung. Denn erstlich kan man sich nur einen einigen Raum vorstellen, und wenn man von vielen Räumen redet, so verstehet man darunter nur Theile eines und desselben alleinigen Raumes. Diese Theile können auch nicht vor dem einigen allbefassenden Raume gleichsam als dessen Bestandtheile, (daraus seine Zusammensetzung möglich sey) vorhergehen, sondern nur in ihm gedacht werden. Er ist wesentlich einig, das Mannigfaltige in ihm, mithin auch der allgemeine Begriff von Räumen überhaupt beruht lediglich auf Einschränkungen. Hieraus folgt, daß in Ansehung seiner eine Anschauung a priori, (die nicht empirisch ist) allen Begriffen von denselben zum Grunde liege. So werden auch alle geometrische Grundsätze, z. E. daß in einem Triangel zwey Seiten zusammen größer seyn, als die dritte, niemals aus allgemeinen Begriffen von Linie und Triangel, sondern aus der Anschauung und zwar a priori mit apodictischer Gewißheit abgeleitet.

 5) Der Raum wird als eine unendliche Größe gegeben vorgestellt. Ein allgemeiner Begriff vom Raum (der so wohl in dem Fusse, als einer Elle gemein ist,) kan in Ansehung der Grösse nichts bestimmen. Wäre es nicht die Grenzenlosigkeit im Fortgange der Anschauung, so würde kein Begriff von Verhältnissen ein Principium der Unendlichkeit derselben bey sich führen.


Schlüsse B 5 Schlüsse
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 025. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_025.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)