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187 III. Absch. Systemat. Vorstellung aller etc. 187

hieraus entspringen viel Mißdeutungen, und es ist genauer und richtiger geredt, wenn man das Accidenz nur durch die Art, wie das Daseyn einer Substanz positiv bestimt ist, bezeichnet. Indessen ist es doch, vermöge der Bedingungen des logischen Gebrauchs unseres Verstandes, unvermeidlich, dasienige, was im Daseyn einer Substanz wechseln kan, indessen, daß die Substanz bleibt, gleichsam abzusondern, und in Verhältniß auf das eigentliche Beharrliche und Radicale zu betrachten; daher denn auch diese Categorie unter dem Titel der Verhältnisse steht, mehr, als die Bedingung derselben, als daß sie selbst ein Verhältniß enthielte.

 Auf dieser Beharrlichkeit gründet sich nun auch die Berichtigung des Begriffs von Veränderung. Entstehen und Vergehen sind nicht Veränderungen desienigen, was entsteht oder vergeht. Veränderung ist eine Art zu existiren, welche auf eine andere Art zu existiren eben desselben Gegenstandes erfolget. Daher ist alles, was sich verändert, bleibend, und nur sein Zustand wechselt. Da dieser Wechsel also nur die Bestimmungen trift, die aufhören oder auch anheben können; so können wir, in einem etwas paradox scheinenden Ausdruck sagen: nur das Beharrliche (die Substanz) wird verändert, das Wandelbare erleidet keine Veränderung, sondern einen Wechsel, da einige Bestimmungen aufhören, und andre anheben.

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Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_187.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)