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253 III. Hauptst. Von dem Grunde d. Untersch. etc. 253

eines Begriffs sey, und ob bey dieser Abtrennung überall ein Obiect übrig bleibe.

 Das Obiect, worauf ich die Erscheinung überhaupt beziehe, ist der transscendentale Gegenstand, d. i. der gänzlich unbestimte Gedanke von Etwas überhaupt. Dieser kan nicht das Noumenon heissen; denn ich weis von ihm nicht, was er an sich selbst sey, und habe gar keinen Begriff von ihm, als blos von dem Gegenstande einer sinnlichen Anschauung überhaupt, der also vor alle Erscheinungen einerley ist. Ich kan ihn durch keine Categorien denken; denn diese gilt von der empirischen Anschauung, um sie unter einen Begriff vom Gegenstande überhaupt zu bringen. Ein reiner Gebrauch der Categorie ist zwar möglich, d. i. ohne Widerspruch, aber hat gar keine obiective Gültigkeit, weil sie auf keine Anschauung geht, die dadurch Einheit des Obiects bekommen solte; denn die Categorie ist doch eine blosse Function des Denkens, wodurch mir kein Gegenstand gegeben, sondern nur, was in der Anschauung gegeben werden mag, gedacht wird.

 Wenn ich alles Denken (durch Categorien) aus einer empirischen Erkentniß wegnehme, so bleibt gar keine Erkentniß irgend eines Gegenstandes übrig; denn durch blosse Anschauung wird gar nichts gedacht, und, daß diese Affection der Sinnlichkeit in mir ist, macht gar keine Beziehung von dergleichen Vorstellung auf irgend ein Obiect aus. Lasse ich aber hingegen alle Anschauung weg,

so
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_253.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)