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255 III. Hauptst. Von dem Grunde d. Untersch. etc. 255

worauf iene nicht reicht, heissen eben darum Noumena, damit man dadurch anzeige, iene Erkentnisse können ihr Gebiet nicht über alles, was der Verstand denkt, erstrecken). Am Ende aber ist doch die Möglichkeit solcher Noümenorum gar nicht einzusehen, und der Umfang ausser der Sphäre der Erscheinungen ist (vor uns) leer, d. i. wir haben einen Verstand, der sich problematisch weiter erstreckt, als iene, aber keine Anschauung, ia auch nicht einmal den Begriff von einer möglichen Anschauung, wodurch uns ausser dem Felde der Sinnlichkeit Gegenstände gegeben, und der Verstand über dieselbe hinaus assertorisch gebraucht werden könne. Der Begriff eines Noumenon ist also blos ein Gränzbegriff, um die Anmassung der Sinnlichkeit einzuschränken, und also nur von negativem Gebrauche. Er ist aber gleichwol nicht willkürlich erdichtet, sondern hängt mit der Einschränkung der Sinnlichkeit zusammen, ohne doch etwas Positives ausser dem Umfange derselben setzen zu können.

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 Die Eintheilung der Gegenstände in Phaenomena und Noümena, und der Welt in eine Sinnen- und Verstandeswelt kan daher gar nicht zugelassen werden, obgleich Begriffe allerdings die Eintheilung in sinnliche und intellectuelle zulassen; denn man kan den lezteren keinen Gegenstand bestimmen, und sie also auch nicht vor obiectivgültig ausgeben. Wenn man von den Sinnen abgeht, wie will man begreiflich machen, daß unsere Categorien,

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_255.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)