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267 Von der Amphibolie der Reflexionsbegriffe. 267

sich ein Ding vom andern nach transsc. Begriffen unterscheidet. Der Verstand nemlich verlangt zuerst, daß etwas gegeben sey, (wenigstens im Begriffe), um es auf gewisse Art bestimmen zu können. Daher geht im Begriffe des reinen Verstandes die Materie der Form vor, und Leibnitz nahm um deswillen zuerst Dinge an (Monaden) und innerlich eine Vorstellungskraft derselben, um darnach das äussere Verhältniß derselben und die Gemeinschaft ihrer Zustände, (nemlich der Vorstellungen) darauf zu gründen. Daher waren Raum und Zeit, iener nur durch das Verhältniß der Substanzen, diese durch die Verknüpfung der Bestimmungen derselben unter einander, als Gründe und Folgen, möglich. So würde es auch in der That seyn müssen, wenn der reine Verstand unmittelbar auf Gegenstände bezogen werden könte und wenn Raum und Zeit Bestimmungen der Dinge an sich selbst wären. Sind es aber nur sinnliche Anschauungen, in denen wir alle Gegenstände lediglich als Erscheinungen bestimmen, so geht die Form der Anschauung (als eine subiective Beschaffenheit der Sinnlichkeit) vor aller Materie, (den Empfindungen), mithin Raum und Zeit vor allen Erscheinungen und allen datis der Erfahrung vorher, und macht diese vielmehr allererst möglich. Der Intellectualphilosoph konte es nicht leiden: daß die Form vor den Dingen selbst vorhergehen, und dieser ihre Möglichkeit bestimmen sollte; eine ganz richtige Censur, wenn er annahm, daß wir die Dinge anschauen, wie sie sind, (obgleich mit verworrener

Vor-
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_267.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)