Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 I 243.jpg

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„Frau Königin, Ihr seyd die schönste hier:
aber Sneewittchen, über den sieben Bergen ist
noch tausendmal schöner als Ihr!“

wie die Königin das hörte erschrack sie und sah wohl, daß sie betrogen worden und der Jäger Sneewittchen nicht getödtet hatte. Weil aber niemand, als die sieben Zwerglein in den sieben Bergen war, da wußte sie gleich, daß es sich zu diesen gerettet hatte, und nun sann sie von neuem nach, wie sie es umbringen könnte, denn so lang der Spiegel nicht sagte, sie wär die schönste Frau im ganzen Land, hatte sie keine Ruh. Da war ihr alles nicht sicher und gewiß genug, und sie verkleidete sich selber in eine alte Krämerin, färbte ihr Gesicht, daß sie auch kein Mensch erkannte, und ging hinaus vor das Zwergenhaus. Sie klopfte an die Thür und rief: „macht auf, macht auf, ich bin die alte Krämerin, die gute Waare feil hat.“ Sneewittchen guckte aus dem Fenster: „was habt ihr denn?“ – „Schnürriemen, liebes Kind,“ sagte die Alte, und holte einen hervor, der war von gelber, rother und blauer Seide geflochten: „willst du den haben?“ – Ei ja, sprach Sneewittchen, und dachte die gute alte Frau kann ich wohl hereinlassen, die meints redlich; riegelte also die Thüre auf und handelte sich den Schnürriemen. „Aber wie bist du so schlampisch geschnürt, sagte die Alte, komm

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_243.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)