Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1837 V1 322.jpg

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Königin mit grausigen Blicken, und lachte überlaut, und sprach „weiß wie Schnee, roth wie Blut, schwarz wie Ebenholz! diesmal können dich die Zwerge nicht wieder erwecken.“ Und als sie daheim den Spiegel befragte

„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schönste im ganzen Land?“

so antwortete er endlich

„Frau Königin, ihr seyd die schönste im Land.“

Da hatte ihr neidisches Herz Ruhe, so gut ein neidisches Herz Ruhe haben kann.

Die Zwerglein, wie sie Abends nach Haus kamen, fanden Sneewittchen auf der Erde liegen, und es regte sich kein Athem mehr, und es war todt. Sie hoben es auf, suchten ob sie was giftiges fänden, schnürten es auf, kämmten ihm die Haare, wuschen es mit Wasser und Wein, aber es half alles nichts; das liebe Kind war todt, und blieb todt. Sie legten es auf eine Bahre, und setzten sich alle siebene daran, und beweinten es, und weinten drei Tage lang. Da wollten sie es begraben, aber es sah noch so frisch aus, wie ein lebender Mensch, und hatte noch seine schönen rothen Backen. Sie sprachen „das können wir nicht in die schwarze Erde versenken,“ und ließen einen durchsichtigen Sarg von Glas machen, daß man es von allen Seiten sehen konnte, legten es hinein, und schrieben mit goldenen Buchstaben seinen Namen darauf, und daß es eine Königstochter wäre. Dann setzten sie den Sarg hinaus auf den Berg, und einer von ihnen blieb immer dabei, und bewachte ihn.

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1837). Göttingen: Dieterische Buchhandlung 1837, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1837_V1_322.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)