Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 041.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und gieng wieder fort. Wies aber wieder zum Backöflein kam, sprach es „Backöflein, verrath mich ja nicht“. „Nein ich will dich nicht verrathen“. Dann kam es zum Kälbchen und endlich zum Birnbäumlein und sprach zu jedem „verrath mich nicht“, und jedes antwortete „nein, ich verrath dich nicht“. Nun kam es wieder zum Brunnen herauf, und der Tag brach eben an, da rief der Hahn „unser goldenes Mädchen kommt!“ Bald fällt auch der Garstigen der Rocken in den Brunnen und sie muß hintennach; sie kommt zu dem Birnbaum, dem Kalb und Backofen, sie spricht wie die schöne zu ihnen, aber sie folgen ihr nicht. Nun laust sie die rothe Alte bis sie eingeschlafen ist, geht in die Kammer und kleidet sich ganz golden an und will wieder heim. Sie bittet den Backofen, das Kalb und den Birnbaum, sie nicht zu verrathen, aber sie antworten „ja, wir verrathen dich doch“. Als nun die Alte aufwacht, eilt sie dem Mädchen nach, und jene sagen zu ihr „wenn du laufst, so holst du es noch ein“. Sie erreicht es auch noch und besudelt ihm das goldene Kleid. Wie es nun wieder heraufkommt und eben der Tag anbricht, so ruft der Hahn „unser dreckiges Mädchen kommt!“ Hiermit stimmt eine vierte Erzählung aus dem Paderbörnischen am meisten überein, besonders in der Theilnahme, welche die Dinge, die auf dem Wege das Mädchen anrufen, hernach bezeigen. Es hat ein Bäumchen geschüttelt, eine Kuh gemelkt, der man ihr Kälbchen gestohlen, und das Brot aus dem Ofen gezogen. Es muß dann in dem Haus eine Hexe, einen Affen und einen Bären jeden Mittag lausen, dafür bekommt es die schönsten Kleider, Gold und Silber in Menge. Wie es das alles hat, spricht es „ich will hingehen und Wasser holen“. Es geht und findet die Thüre zu dem Brunnen wieder, durch welche es herabgekommen war. Es öffnet die Thüre und sieht eben den Eimer sich herabsenken, da setzt es sich hinein und wird hinaufgezogen. Weil es nun ausbleibt, schicken die Hexe, der Affe und der Bär einen großen schwarzen Hund nach, der fragt überall ob niemand ein ganz mit Silber und Gold behangenes Mädchen gesehen. Aber der Baum den es geschüttelt hat, zeigt mit seinen Blättern einen andern Weg: die Kuh die es gemelkt hat, geht einen andern und nickt mit dem Kopf, als sei es dort hin, und der Backofen schlägt mit seiner Flamme heraus und zeigt ganz verkehrt. Der Hund kann also das Mädchen nicht finden. Dem bösen Mädchen geht es dagegen schlimm, als es entflieht und unter den Baum kommt, den es nicht

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_041.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)