Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 152.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Märchen von den drei Männlein im Walde (Nr. 13), der Frau Holle (Nr. 24), der schwarz und weißen Braut (Nr. 135) hierher. Über das endlose Anwachsen der Leinwand und des Wassers vergl. die Anmerkung zu dem Märchen vom süßen Brei (Nr. 103).


88.
Das singende springende Löweneckerchen.

Aus Hessen. Löweneckerchen ist das westphälische Lauberken, nieders. Leverken, altholl. Leeuwercke, Leewerick, Lewerk, Lerk, unser Lerche. Eine andere Erzählung aus der Schwalmgegend hat viel eigenthümliches, wie überhaupt dieses Märchen in den mannigfachsten Abweichungen erzählt wird. Ein Kaufmann will auf die Messe ziehen und fragt seine drei Töchter was er ihnen mitbringen solle. Die älteste will ein schönes Kleid, die zweite ein paar Schuhe, die dritte eine Rose. Die Rose zu verschaffen hält schwer, da es Winter ist. Die Leute als er danach fragt, antworten lachend ob er glaube daß Rosen im Schnee wüchsen. Das thut dem Kaufmann leid, weil die jüngste sein liebstes Kind ist. Auf dem Rückweg gelangt er zu einem Schloß mit einem Garten, in welchem es halb Sommer und halb Winter ist; auf der einen Seite liegt ein tiefer Schnee, auf der andern ist es warm, alles blüht wie im Frühjahr, und eine ganze Hecke von Rosen steht darin. Der Mann geht hinein, bricht eine ab und reitet wieder fort. Bald darauf hört er etwas hinter sich herschnauben, er blickt um und sieht mit Schrecken ein großes schwarzes Thier das ihm zuruft „Gib mir meine Rose wieder oder du mußt sterben.“ Der Mann antwortet „laß mir die Rose, ich will sie meiner Tochter mitbringen, dem schönsten Mädchen von der Welt.“ „Meintwegen“, spricht das Thier, „aber gib sie mir auch zur Frau.“ „Ach ja“, sagt der Mann um das Thier los zu werden, und denkt „es wird doch nicht kommen um sie zu holen“; aber es ruft noch hinter ihm nach „in acht Tagen komm ich und hole meine Braut“. Der Kaufmann langt zu Haus an und bringt jeder Tochter das gewünschte. Nach einiger Zeit kommt das Thier und holt seine Braut mit Gewalt. Es bringt sie in das Schloß mit dem Sommer- und Wintergarten, wo alles gar schön und wunderbar ist; das Thier erzeigt sich freundlich und thut ihr alles zu Liebe. Sie essen zusammen,

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_152.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)