Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 171.jpg

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Der nordische König verlangt von Kraka (Ragnar Lodbroks S. Cap. 4) sie solle kommen „gekleidet und ungekleidet, gegessen und ungegessen, nicht einsam und doch ohne jemands Begleitung“. Sie wickelt sich, wie hier, nackt in ein Fischgarn, darüber her ihr schönes Haar, beißt ein wenig in einen Lauch (Zwiebel), so daß man den Geruch davon empfindet, und läßt ihren Hund mitlaufen. Zu vergleichen ist ein ähnliches Räthsel in andern Erzählungen[1], so daß es überhaupt als ein altes Volksräthsel erscheint.

Auch in der fortwährenden Klugheit und wie sie sich des Königs Liebe wieder zuwendet, der die Bäuerin zurückschicken will, gleicht sie der Aslaug. Ragnar war in Schweden beim König Eistein, dessen schöne Tochter Ingeborg ihm gefiel, auch seine Leute rathen ihm eines Bauern Tochter nicht länger bei sich zu haben. Als er aber


  1. Nemlich Paulis Schimpf und Ernst enthält einen Schwank, wonach einem die Strafe erlassen werden soll, wenn er kommt „halb geritten und halb gegangen, mit seinem größten Feind und seinem größten Freund“. Der Schuldige kommt mit seinem Pferd, indem er den rechten Fuß in den Steigbügel setzt, mit dem andern auf der Erde fortstelzt: mit seiner Frau, die ihn auf eine Ohrfeige gleich als Mörder anklagt (was er ihr fälschlich als ein Geheimnis anvertraut hatte) und sich so als sein größter Feind ausweist: und mit seinem Hund der sein größter Freund ist, weil er, nachdem er ihn geschlagen, auf sein Locken wedelnd zurückkehrt. Auch ein altd. Gedicht (pfälz. Hs. 336 Bl. 190) hat diese Sage behandelt. Hans Sachs erzählt die Geschichte sehr gut und in der Sache übereinstimmend (1560. Bl. 78).
    Abweichend die Gesta Romanorum (lat. Ausg. Cap. 124. deutsche Cap. 124; s. unten Nr. 12.), wo auch die Aufgabe etwas anders lautet, der Schuldige bringt nämlich kein Pferd, sondern legt das rechte Bein auf den Hund, und weil er noch ferner seinen besten Spielmann mitbringen sollte, hat er sein Kind mitgenommen, als welches ihm, wenn es vor ihm spiele, die größte Kurzweil mache. Ferner kommt dasselbe in einer Erzählung der Cento novelle antiche (Torino 1802) S. 163. vor. Wer zu einem bestimmten Tag „seinen Freund, Feind und Spielmann mitbringt“, soll die Gnade des Königs und große Schätze haben. Das wird wie dort aufgelöst, nur daß er halb geritten und halb gegangen kommen soll, fehlt. Hierher gehört ein serbisches Märchen bei Wuk S. 125. 126 und eine Stelle aus Würdtwein (S. 488), „der Sendherr sal kommen mit dritthalben man, mit dritthalben Pferd, und sal nit kommen im Wege oder uswendig des Weges“. Auch die Lalenbürger sollen dem König entgegen kommen, halb geritten und halb gegangen. Die älteste Erwähnung in einer Erzählung bei Ratherius († 975) sermo de octavis paschae. (S. 895b folg. D’Achery spicil.), abgedruckt in Haupts Zeitschrift 8, 21. Vergl. die altdeutschen Blätter 1, 149. 152. Ferd. Wolf über die altfranzös. Heldengedichte S. 133.
Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_171.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)