Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 202.jpg

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und wird alsbald wieder zum Menschen, steht aber nackend da. Nun lassen wir die sehr abweichende Erzählung unseres Märchens aus Zwehrn folgen. Drei Soldaten waren so alt und schwach daß sie keine Libermilch mehr beißen konnten, da schickt sie der König fort ohne ihnen einen Gehalt auszusetzen, also daß sie mußten betteln gehen. Sie kommen durch einen großen Wald. Abends legen sich zwei nieder, und der dritte muß Wache halten, damit sie nicht von den wilden Thieren im Schlaf zerrissen werden. Wie jener nun da steht, kommt ein klein Männchen in rothem Kleid und ruft „wer da?“ „Gut Freund“, antwortet der Soldat. „Was für gut Freund?“ „Drei alte abgedankte Soldaten die nichts mehr zu leben haben.“ Da schenkt ihm das Männlein einen Mantel der sah alt aus, aber wenn man ihn umhängte und wünschte etwas, gieng es in Erfüllung; doch soll er es seinen Kameraden erst bei Tag sagen. Eben so erhält der zweite in der nächsten Nacht einen Beutel voll Geld der nicht leer wird; der dritte in der folgenden ein Horn, wenn man darauf bläst, kommen alle Völker zusammen. Nun ziehen sie eine Zeitlang in Wohlleben umher, endlich wünschen sie sich ein Schloß und dann einen Wagen mit drei Schimmeln. Wie das alles beisammen ist, fahren sie zu einem König der nur eine Tochter hat, und geben sich für Königssöhne aus. Der eine spielt mit der Jungfrau, und als sie merkt daß er einen Wunschbeutel hat, so macht sie ihn trunken, bis er einschläft: dann näht sie einen Beutel der jenem ganz gleich sieht und vertauscht ihn damit. Am andern Morgen fahren sie wieder fort, und der Betrug kommt bald an den Tag. „Ach“, ruft er, „nun sind wir arme Leute“! „Laß dir keine graue Haare wachsen“, spricht der andere, „den Beutel will ich bald wieder haben“, hängt den Mantel um und wünscht sich in die Kamer der Königstochter. Die sitzt da und zählt Geld aus dem Beutel. Wie sie den Mann sieht, erschrickt sie gewaltig, schreit „Räuber! Räuber!“ so daß der ganze Hof gelaufen kommt und ihn fangen will. In der Hast springt er zum Fenster hinaus und läßt den Mantel hangen, wie er nun wieder zu seinen Gesellen kommt, haben sie nur noch das Horn, doch damit wollen sie sich helfen. Es wird ein ganzes Heer zusammen geblasen, damit rücken sie in das Königreich und lassen dem König sagen wenn er nicht Beutel und Mantel herausgebe, solle von seinem Schloß kein Stein auf dem andern bleiben. Der König redet seiner Tochter zu, aber diese will erst List versuchen, zieht sich an wie ein armes Mädchen,

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_202.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)