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152.
Das Hirtenbüblein.

Aus Baiern. Ähnliche Fragen in dem altdeutschen Gedichte Strickers vom Pfaffen Amis (98–180). Der Bischof fragt 1) „wie viel des Meeres?“ „Ein Fuder“. „Wer beweist euch das?“ „Heißt alle Wasser erst still stehen, die ins Meer fließen, so will ichs messen und euch zeigen“. 2) „Wie viel Tage sind seit Adam verflossen?“ „Siebene; sind die zu Ende, so heben sie wieder an, und das wird fortgehen, so lange die Welt steht“. 3) „Wo ist die Mitte der Erde?“ „Wo meine Kirche steht, laßt euere Knechte mit einem Seil nachmessen, und reicht es an einem Ende halmsbreit vor, will ich die Kirche verloren haben“. 4) „Wie weit ist von der Erde zum Himmel?“ „So weit ist vom Himmel zur Erde daß ein Mann gar wohl hinaufrufen könnte, steigt hinauf und wenn ihr nicht meinen Ruf hört, so kommt wieder herab und nehmt meine Kirche zurück“. 5) „Wie breit ist der Himmel?“ „Tausend Lachter und tausend Ellen, denn nehmt ihr Sonne und Mond ab und was der Himmel an Sternen hat, und rückt ihn dann überall zusammen, so wird er nicht breiter sein“. Verschieden sind Fragen und Antworten in dem Büchlein für die Jugend S. 91–94 und in einem schwäbischen Märchen bei Meier in der Anmerkung zu Nr. 28. Im Eulenspiegel, der ohnehin mit dem Pfaffen Amis zusammenhängt, kommen (Cap. 28 bei Lappenberg) dieselben Fragen und Antworten vor; jene werden ihm von dem Rector der Universität vorgelegt. Verwandt ist damit das altenglische Lied vom König John und dem Abt von Canterbury (bei Percy 2, 305–311). Der König legt ihm drei Fragen vor, die er in drei Wochen bei Verlust von Land und Leben beantworten soll, 1) Was er, der König, mit der goldnen Krone auf dem Haupt, bis zu einem Pfennig werth sei? 2) wie bald er um die ganze Welt reiten könne? 3) was er gerade denke? Der Abt weiß sich nicht zu helfen, da verspricht ein Schäfer seinen Beistand, kleidet sich als Abt, tritt vor den König und gibt nun die Antworten, 1) da der Herr Jesus für dreißig Silberlinge verkauft worden, sei der König nur neun und zwanzig werth. 2) Wenn er mit der Sonne ausziehe und reite, komme er in vier und zwanzig Stunden um die ganze Welt.

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_236.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)