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Bau ich durch Lilith eine Leiter
Zum höchsten Sitz des Himmels weiter.
Drum hab’ ich die Freundin ihm gepaart,
Halb von seiner, halb von eurer Art,
Daß sie mit Liebesdorne,
Ihn wecke, stähle, sporne,
Er zu massig, sie zu fein,
Unvermögend jedes für sich allein.
Ihr gab ich keine irdischen Waffen,
Sie soll begeistern, er soll schaffen,
Von ihm die Kraft, die Felsen spaltet,
Den festen Sinn, der ordnend waltet;
Von ihr die Flamme stets bewegt,
Die Unruh, die das Uhrwerk regt.
Ob sie über Blumen sich tändelnd wiegt.
Auf Wolkenrossen jauchzend fliegt,
Wo sie erscheint, muß alles blühn,
Was sie berührt, wird frisch und grün,
Und Liliths Mund kann nimmer lügen,
Wohin sie irrt, auf Fabelflügen,
Der träge Riese muß ihr nach“.

Der Mensch ist zu Großem geschaffen, und damit er dies erreiche, sollen ihm während seiner hilflosen Kindheit die Bewohner Edens, die Gutes und Böses kennen, ihren Schutz angedeihen lassen. Dies ist nun nicht nach dem Geschmacke des neidischen Luzifers, und er meidet fortan die Gesellschaft seines himmlischen Herrn.

Nach einiger Zeit schickt der Schöpfer seinen beflügelten Engel Gabriel zur Erde, um nachzusehen, wie es eigentlich dem jungen Menschenpaare gehe. Adam klagt, daß er in Lilith ein lebendiges Fieber zur Seite habe, das ihn nie zur Ruhe kommen lasse. Beständig sei sie im Streite mit ihm; sie wolle alles wissen und er solle beständig ihre unzähligen Launen befriedigen. Trotzdem aber könne er nicht von ihr lassen, und es schien ihm, als erblaßten die farbenreichsten Blumen, wenn sie fehle. Gleich darauf erscheint Lilith; sie trägt einen Rosenkranz im Haar und schwankende Blumenketten schlagen um ihre Glieder. Als sie den Himmelsboten erblickt, streut sie ihm zum