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Menschengeschlecht ausgestorben war, baten einige Götter niederen Ranges ihre höher gestellten Kollegen um Rat, wie ein neues ins Leben zu rufen sei. Darauf wurde ihnen gesagt, die Knochen und Asche der Verstorbenen zu sammeln und diese mit ihrem Blute anzufeuchten. Sie befolgten diese Mahnung, und so entstand das jetzige Menschengeschlecht.

Eine altchäldäische, von Borosus aufgezeichnete Legende schreibt die zweite Schöpfung der Menschen dem Umstande zu, daß die Götter den Staub der Erde mit dem Blute, welches dem abgeschlagenen Haupte des Gottes Belus entströmte, vermischten. Infolge dieses Ursprunges sollen auch die Menschen Teilhaber der himmlischen Weisheit sein.

Blut beseitigt Krankheiten. Nach Plinius schlürften Fallsüchtige den Fechtern das warme Blut aus der Wunde, und der Glaube, daß man damit den Aussatz heilen könne, war im Mittelalter allgemein.[1]

Fielde erzählt in seinem Werke „Pagoda Shadows“ von einer alten Chinesin, die, wenn sie den Ausbruch der Cholera oder sonst einer ansteckenden Krankheit witterte, ihre Zunge mit einem Messer ritzte und einige Tropfen ihres Blutes in ein großes, mit Wasser gefülltes Gefäß fallen ließ. Die Kranken, die sich dieses Mittels bedienten, wurden gesund. Mit dem Safte des Blutes schrieb sie Zaubersprüche, welche die Chinesen entweder an ihre Türpfosten hefteten oder stets als Schutzmittel gegen Seuchen bei sich trugen.

Wenn in Südafrika ein Zulukönig erkrankt, muß sich sein Diener gefallen lassen, daß ihm etwas Blut abgezapft und in die Adern des Patienten geführt wird. Als Gegensatz erhält er auch einige Tropfen königlichen Blutes, so berichtet wenigstens Shooter in seinem Buche „Kafrirs of Natal.“

Durch das Blut eines anderen nahm man dessen Haupteigenschaften in sich auf und gewann eine neue Natur.


  1. Siehe das Kapitel „Blut und Aussatz“ in dem Buche „Der menschliche Körper in Sage, Brauch und Sprichwort“ von K. Knortz. Würzburg, Verlag von C. Kabitzsch.