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nicht die im Allgemeinen grössere Uebereinstimmung der Märchen bei Nachbarvölkern [21–23]. 4) Die mündliche Entlehnung von Volk zu Volk; eine von mehreren Forschern bestrittene Erklärung; die Ursache ihres Widerspruchs liegt in der schon gehemmten Verbreitung der in die untersten Schichten der Bevölkerung zurückgetretenen westeuropäischen Märchen; der Austausch zwischen sprachlich geschiedenen Völkern ist noch heutzutage faktisch vorhanden an den Küsten des Eismeeres, des Weissen Meeres, des Ladogasee, in der Umgegend von St. Petersburg u. s. w.; bei der Uebertragung von der einen Sprache zu der andern bleiben öfters einige eigentümliche Wörter ja sogar ganze Sätze unübersetzt, und besonders lange erhalten sich fremde Namen; die zum Austausche erforderliche Wechselwirkung wird besonders durch religiöse, politische und industrielle Verbindungen bedingt, weit weniger durch Handel und Schiffahrt; wo bei zwei von einander ganz und gar nicht beeinflussten Völkern nicht nur scheinbar ähnliche Volksmärchen vorkommen, müssen dieselben auch bei den vermittelnden Völkern sich finden oder gefunden haben [23–30]. – Die verschiedenen Ansichten über die Nationalität, Localität und Entstehungszeit den vier Ansichten in Betreff der Verbreitung entsprechend. 1) Jedes einzelne Märchen ist nur durch Fundort, Inhalt und Form bestimmbar [30]. 2) Die Märchen sind entstanden in dem mythenbildenden Zeitalter (J. G. von Hahn) und stammen entweder aus der Urheimat der Indoeuropäer (W. Grimm) oder der die Genera unterscheidenden Völker (W. H. J. Bleek) oder sogar des gesammten menschlichen Geschlechtes (E. Salmelainen) [30–31]. 3) Die europäischen Volksmärchen unserer Zeit sind zu historischer Zeit aus Indien gewandert (Th. Benfey, der doch mit den Tierfabeln eine Ausnahme macht, indem er ihren griechischen Ursprung verteidigt; vergl. A. Weber in Betreff der Märchen überhaupt); eine für die in uralten Monumenten (Hieroglyphen, Keilinschriften) und bei entlegeneren Völkern angetroffenen Märchen (vergl. sogar Benfey in Betreff der afrikanischen Tierfabeln) jedenfalls unzureichende Erklärung [31–32]. 4) Nur durch geographisch-historische Feststellung aller zur Hand liegenden Varianten eines jeden Märchenstoffes und durch induktives Verfahren in der Erforschung der von ihnen genommenen Wege ist die Antwort zu geben [32–33]. –

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Kaarle Krohn: Bär (Wolf) und Fuchs. Suomalaisen Kurjallisuuden Seuran Kirjapainossa, Helsingissä 1889, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Krohn_B%C3%A4r_(Wolf)_und_Fuchs.djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)