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Varianten des Märchens vorzulegen, welche uns schon aus dem Anfange des 12. Jahrhunderts überliefert sind.

Ysengrimus. (I. V. 529–II. V. 158.) – Renart. (Br. 4, V. 1131–1266.)[1]Reinhart. (V. 727–822.) – Reynke 1. (Kap. I. 17, V. 1451–1452.) – 2. (Kap. IV. 1, V. 5625–5702.)
Odo de Ciringtonia. (No. Odonian. 4.)[2]Fabul. Extrav. (No. 9.)
Noël du Fail 16. Jahrh. (Propos rustiques et facétieux S. 41.)[3][4]

Unzweifelhaft hat der Umstand, dass in allen diesen historischen Urkunden einzig und allein der Wolf als der Betrogene erscheint, J. Grimm[5] dazu veranlasst, dieses Tier für das ursprüngliche zu halten, an dessen Stelle dann der Bär ganz irrtümlicher Weise getreten wäre. Derselben Ansicht scheinen von neueren Forschern R. Köhler[6] und J. Wolff[7] zu sein. Andrerseits wieder weist L. Kolmatschewski[8] in Uebereinstimmung mit meiner vorhergegangenen Darlegung darauf hin, 1) dass der kurzschwänzige Bär an dieser Stelle viel natürlicher ist, 2) dass dieser Bär gerade in denjenigen nordischen Varianten vorkommt, welche die ursprüngliche Form am reinsten beibehalten haben, und 3) dass von diesen Varianten an die Grundzüge des Märchens immer mehr sich vermischen, je weiter man nach Süden gelangt.

Da also die geschriebenen und die mündlichen Varianten des Tiermärchens zu so entgegengesetzten Schlüssen führen, so haben wir vor allen Dingen zu untersuchen, in welchem Verhältnis sie überhaupt zu einander stehen. Hierbei sind nun für uns zwei Annahmen möglich: entweder sind die mündlichen Varianten geradezu aus den geschriebenen entlehnt oder die geschriebenen


  1. Vgl. Br. 23, V. 13121–13128.
  2. Ernst Voigt, Kleinere lateinische Denkmäler der Thiersage aus dem XII. bis XIV. Jahrhundert, Strassburg 1878, S. 135.
  3. Sébillot, Tr. & Sup. de la H.-Br. II. S. 117.
  4. Vgl. Grimm, RF. S. CLXXXVIII, CCLXXXIII; Kurz, Waldis a. a. O. No. III. 91 u. Anm.
  5. Gött. gel. Anz. 1863, S. 1367; vgl. Grimm, RF. S. CCXC.
  6. Jb. f. roman. u. engl. Liter. IX. S. 401.
  7. Haltrich-Wolff, S. 499.
  8. Kolmatschewski, S. 89.
Empfohlene Zitierweise:
Kaarle Krohn: Bär (Wolf) und Fuchs. Suomalaisen Kurjallisuuden Seuran Kirjapainossa, Helsingissä 1889, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Krohn_B%C3%A4r_(Wolf)_und_Fuchs.djvu/36&oldid=- (Version vom 1.8.2018)