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bei den letzteren, wenigstens im Anfange der Neuzeit, die skandinavische Form existierte.

Vielleicht kann man diese Form auch als allgemein germanische bezeichnen, besonders wenn man es wagt, diejenigen Varianten der im 12. Jahrhundert nach Siebenbürgen gewanderten Niederdeutschen[1] in Betracht zu ziehen, in welchen der Bär als das betrogene Tier erscheint (Dd. 14, 15). Die bei den Siebenbürgern (Da 13) sich findende Verfertigung eines neuen Schwanzes, kann nicht erst bei ihrer Ankunft in der neuen Heimat von ihnen erfunden worden sein, wie Wolff[2] zu glauben scheint, sondern ist entweder aus dem Mutterlande mitgebracht oder später den Südslaven entliehen worden, in deren Varianten dieser jedenfalls westeuropäisch zu nennende, später hinzugefügte Zug das ursprüngliche Märchen völlig verdrängt hat. Erstere Annahme scheinen die französischen Varianten (Fa 3–5) zu bekräftigen, denn wenn man bedenkt, dass die afrikanischen und südeuropäischen Varianten offenbar sich aus dem Norden hinverirrt haben, so hat vorliegendes Tiermärchen wohl nur aus Deutschland nach Frankreich eindringen können, und zwar nach dem Ausbreitungswege des Tierepos zu schliessen, hauptsächlich über die Niederlande. Denn dass sie in Frankreich nicht immer in der Form bestanden haben, in welcher sie gegenwärtig sich in diesen Volksmärchen darstellen, sondern in einer viel vollständigeren, in welcher ein besonderer Verfolger auftritt, der anfänglich sogar ausdrücklich herbeigerufen wird, das geht klar genug aus den geschriebenen Varianten des Mittelalters hervor.

Wahrscheinlich gehörte die ausdrückliche Herbeirufung dieses Verfolgers, wie aus den weiss- und kleinrussischen Varianten erhellt, zu der früheren allgemeinrussischen Form, obgleich dieser Zug in Nordrussland, ebenso wie in den Varianten des Tierepos, welche später sind als der Ysengrimus, nachher allmählich


    amerikanischen Neger, in welchen sonst regelmässig das Kaninchen als Betrüger und der Fuchs als Betrogener erscheint, also gerade in entgegengesetzter Stellung.

  1. Fr. Müller, Allgemeine Ethnographie, Wien 1879, S. 549 Anm.
  2. Haltrich-Wolff, S. 499.
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Kaarle Krohn: Bär (Wolf) und Fuchs. Suomalaisen Kurjallisuuden Seuran Kirjapainossa, Helsingissä 1889, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Krohn_B%C3%A4r_(Wolf)_und_Fuchs.djvu/41&oldid=- (Version vom 1.8.2018)