Seite:LA2-Blitz-0402.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
693 Vergleichsverfahren – Vers 694

Ges. v. 5. 7. 1927, erstrebt Einigung eines zahlungsunfähigen Schuldners mit seinen Gläubigern (Sanierung) zur Abwendung des (Werte vernichtenden) Konkurses („Präventivakkord“) mit gerichtl. Hilfe; bietet Möglichkeit, den Schuldner zum Offenbarungseid zu zwingen u. widerstrebende Minderheit v. Gläubigern zu überstimmen (Zwangsvergleich). Schuldner ist im Gegensatz zum Konkursschuldner in der Regel nicht in Verfügung über sein Vermögen beschränkt u. wird durch Eröffnung des Verfahrens vor Zwangsvollstreckungen u. Anträgen auf Konkurseröffnung geschützt, erlangt also ein Moratorium. V. kann auf teilw. Erlaß der Forderungen, auf Stundung od. auf Liquidation gehen. Bei Scheitern Überleitung in das Konkursverfahren.

Vergleichsverfahren wird auf Antrag des Schuldners eröffnet bei Nachweis, daß zahlen- u. schuldenmäßige Mehrheit der Gläubiger einverstanden ist.

Vergnügungssteuer (Lustbarkeitssteuer) ist den Ländern u. Gemeinden zur Pflicht gemacht. Steuerpflichtig alle im Gemeindebezirk abgehaltenen Vergnügungen (Tanz, Zirkus, Sportveranstaltungen, Theater, Kino, Konzerte). Mindestsatz 15% des Kartenpreises od. 10% der Roheinnahmen als Pauschalsatz.

Vergolden, Auftragen v. Blattgold, Goldplattierung u. ähnl. wie ↑ Versilbern. „Feuer-V.“ jetzt selten.

Vergriffen, im Buchhandel Bez. dafür, daß ein Buch im Verlag ausverkauft ist.

VergrößerungsglasLupe.

Vergüten, Veredelung e. Metalls ähnlich wie dch. Härten.

Verhaeren, Emile, belg. Dichter, 1855–1916; Hauptvertreter des vers libre (↑ Vers); lyr. Hauptwerk: „Toute la Flandre“; „Ailes rouges de la guerre“, „Belgique sanglante“ ; Studien: „Rembrandt“, „P. P. Rubens“.

Verholen, ein Schiff im Hafen v. einem Liegeplatz zum andern holen.

Verhüttung, Verarbeitung metallhaltiger Erze auf Hüttenwerken.

Verjährung, Erlöschen od. Abschwächung v. Ansprüchen infolge v. Nichtausübung. Die regelmäßige Frist ist 30 Jahre; für die meisten Ansprüche aus Geschäften des tägl. Lebens 2, aus unerlaubten Handlungen 3, für wiederkehrende Leistungen (z. B. Mietzins, Unterhalt) 4 Jahre. V. beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, wird gehemmt z. B. durch Stundung, unterbrochen (richtiger: abgebrochen, sodaß die schon abgelaufene Zeit nicht gerechnet wird) z. B. durch Anerkenntnis, Klageerhebung, Anmeldung im Konkurs, nicht aber durch einfache Mahnung.

Verifikation, „Bewahrheitung“, Prüfung der Richtigkeit des Inhalts v. Urkunden im diplomat. Verkehr; auch Beglaubigung.

Verifizieren, die Richtigkeit dartun; eichen.

Verismus, veraltet für extremen Naturalismus.

Veritabel, wahrhaft, wirklich, echt.

Verjüngung,

1) Zurückführung eines gealterten Individuums in ein jüngeres Entwicklungsstadium; ist nur bei niedersten Tieren möglich. Bei höheren Tieren u. beim Menschen läßt sich eine Erhöhung der Lebenstätigkeit u. damit u. U. Verlängerung des Lebens nur durch Neubelebung der durch das Alter verminderten Organtätigkeiten erzielen (Reaktivierung). Die meisten V.smaßnahmen bestehen in Behandlung der Geschlechtsdrüsen, die durch ihre innere Sekretion den Stoffwechsel des Körpers beeinflussen: Überpflanzung jugendl. Hoden in ältere Individuen; Unterbindung der Samenkanäle [Vasoligatur], bei Tieren auch Bluttransfusion od. Verfütterung v. Schilddrüsensubstanz.
2) In der Baukunst Abnahme der Dicke eines Baugliedes nach unten od. oben.
3) Im Obstbau Zurückschneiden alter Äste.

Verkehr, Ortsveränderung v. Personen, Gütern u. Nachrichten durch Post, Telegraphie, Fernsprechwesen, Eisen- u. Straßenbahnen, Kraftfahrzeuge, Schiffe, Flugzeuge. V.swesen umfaßt Gesamtheit der hierfür notwend. Einrichtungen, liegt in Händen v. besonderen, meist großbetrieblich organisierten Erwerbswirtschaften (V.sunternehmungen).

Verkehrsgewerbe (Transportgewerbe), zusammenfassende Bez. für alle sich mit Menschen-, Güter- u. Nachrichtenbeförderung befassend. Unternehmungen.

Verkehrsregelung, verkehrspolizeil. Maßnahmen, um den Verkehr auf vielbenutzten Wegen u. Straßen, bes. an Straßenkreuzungen, zu erleichtern u. gefahrlos zu machen.

Verkehrssitte, die im Geschäftsverkehr übl. Handlungsweise, bedeutungsvoll da, wo Abmachungen unklar od. lückenhaft sind.

Verkehrssteuern treffen best. Verkehrs-, bes. Rechtsvorgänge: Umsatz-, Grunderwerb-, Börsenumsatz-, Versicherungs-, Beförderungs-, Wechsel-, Wertpapier-, Lotterie-Steuern usw.

Verkehrstruppen, im alten dt. Heer (bis 1919) die Eisenbahn-, Kraftwagen-, Telegraphen-, Luftschiffertruppen; beim Reichsheer Fahr- u. Kraftfahrtruppen.

Verklarung (Seeprotest), gerichtl. Feststellung über Unfälle, die sich auf einer Seereise ereignet u. Verlust od. Beschädigung des Schiffes od. d. Ladung zur Folge gehabt haben.

Verkohlen, organ. Stoffe bei Luftabschluß erhitzen.

Verkoken, Kohle trocken destillieren, wobei Teer abdestilliert, Koks als Rückstand bleibt.

Verkuppelung (Konsolidation), Zusammenlegung v. Parzellen zu wenigen größern Grundstücken zwecks einheitl. Bewirtschaftung.

Verlagsrecht (Autorrecht), ausschließl. Recht, ein Geisteserzeugnis, bes. ein Werk d. Literatur od. Tonkunst, zu vervielfältigen und gewerbsmäßig zu verbreiten, ist Ausfluß des Urheberrechts, kann vom Urheber selbst ausgeübt werden (Selbstverlag), wird aber v. ihm meist einem Verleger dch. Verlagsvertrag übertragen.

Verlaine, Paul, frz. Dichter, 1844–96; Symbolist, vereint leidenschaftl. Sinnlichkeit mit zarter Frömmigkeit; erot. und relig. Lyrik.

Verlassenschaft, österr. = Nachlaß.

Verleger,

1) (Verlagsbuchhändler), kaufmänn. Unternehmer, der Verlagsrechte von Autoren erwirbt u. geschäftlich verwertet. Außer der rein kaufmänn. Tätigkeit erfordert der Verlegerberuf techn. u. literar. Fähigkeiten.
2) Bier-V., Zwischenhändler v. Bier.

Verleumdung, Verbreitung unwahrer, herabwürdigender Tatsachen.

Verlies, unterird. Gefängnis (z. B. im Turm).

Verlöbnis, Eheversprechen; Vertrag, aus dem nicht auf Eingehung der Ehe geklagt werden kann, aber Schadenersatzanspruch bei grundlosem Rücktritt besteht.

Verm. = Vermont (USA).

Vermächtnis (Legat), letztwillige Zuwendung eines Vermögensvorteils, wonach der Erbe verpflichtet ist, dem V.nehmer (Legatar) das Zugewendete zu verschaffen.

Vermahlungszwang schreibt vor, daß die Mühlen zu jeder Menge Auslandsgetreide einen best. Prozentsatz Inlandsgetreide zu vermahlen haben (Ges. v. 4. 7. 1929).

Vermeer van Delft, Jan, holl. Maler, 1632–75; Interieur- und Genrebilder.

Vermessungsschiffe, kleinere Fahrzeuge der Kriegsmarinen für Küstenvermessung usw.; ähnlich: Peilboote.

Vermögen, die einer physischen od. Jurist. Person zu einem best. Zeitpunkt zur Verfügung stehenden, in Geld schätzbaren Güter u. Dienste. National-V. (Volks.-V.) nennt man die Summe der Einzel-V. zuzügl. der in öff. Besitz befindl. Werte.

Vermögen, öffentliches, besteht in werbend angelegtem Vermögen (Staatsbetriebe) od. in Verwaltungsvermögen (Rathäuser, Straßen, Volksparke usw.).

Vermögenssteuer trifft die durch Vermögensbesitz gegebene steuerl. Leistungsfähigkeit; kann reelle V. (Eingriff in das Vermögen selbst, z. B. Wehrbeitrag, Reichsnotopfer) od. nominelle V. (Vermögen nur Steuerbemessungsgrundlage, Steuerquelle dagegen das Einkommen) sein; letztere heute vorherrschend. In Deutschl. seit 1920 Reichssteuer. Geltendes Recht: RGes. v. 10. 8. 1925 (in der Fassung v. 22. 5. 1931). Unbeschränkt, d. h. mit dem gesamten Vermögen, steuerpflichtig sind alle natürl. Personen, solange sie im Dt. Reich ihren Wohnsitz haben, Beamte auch im Ausland; ferner jurist. Personen, wenn ihr Sitz od. Ort der Leitung im Inland liegt. V. wird nicht erhoben, wenn Vermögen 20 000 ℛℳ nicht übersteigt. Befreit sind u. a.: Reichsbank, Staatsbanken, öff. Unternehmungen u. Sparkassen. Sachlich steuerpflichtig ist nach Abzug der Schulden das gesamte bewegl. u. unbewegl. Vermögen, das mit dem Einheitswert nach den Vorschriften des Reichsbewertungsgesetzes anzusetzen ist.

Vermont, nordö. USA-Staat, 24 770 qkm, 359 000 E; Hptst. Montpellier. Vorherrschend Ackerbau u. Viehzucht.

Vermurung, Bedeckung eines Geländes dch. Steingerölle od. Schlamm.

Verne, Jules, frz. Schriftsteller, 1828–1905; naturwissenschaftlich-phantast. Rom.: „Die Reise um die Erde in 80 Tagen“.

Vernebeln, Einhüllen v. Teilen des Gefechtsfelds usw. mit Hilfe von Nebeltöpfen, -geschossen, bei Angriffen u. dgl.

Vernickeln, Überziehen eines Metalls auf galvan. Weg mit Nickel.

Vernier, Pierre, frz. Mathematiker, 1580 bis 1637; erfand den „Nonius“.

Vernunft, v. den Sinnen unabhängiges Erkenntnisvermögen.

Verödung, durch Entzündung entstandener narbiger Verschluß eines Blutgefäßes, künstlich hervorgerufen zu Heilzwecken.

Verona, nordostital. St., 152 000 E; Waffen-, Seidenind.

Verona, Guido da, ital. Romanschriftsteller, *1881.

Veronal, Schlafmittel.

Veronese, Paolo (eig. Paolo Caliari), ital. Maler, 1528–88; bed. Vertreter der venezian. Malerei.

VeronicaEhrenpreis.

Verordnung, nicht in Gesetzesform ergangener behördl. Befehl allgemeinen Inhalts (im Gegensatz zur ↑ Verfügung); ist entweder Rechts- od. Verwaltungs-V.

Verpfründungsvertrag (Leibgedingvertrag), in der Schweiz Vertrag, nach dem Pfrundgeber dem Pfründer gegen Empfang eines Vermögens Unterhalt und Pflege auf Lebenszeit zu gewähren hat.

Verrocchio, Andrea, ital. Bildhauer u. Maler, 1436–88; Lehrer v. Leonardo da Vinci. ↑ Taf. I Sp. 584.

Vers, künstler. Anordnung v. Worten im Raum der Zeile, sog. gebundene Rede; mehrere V. zusammengefaßt in der Strophe. In d. klass. Sprachen ist das V.maß entscheidend: geregelter Wechsel langer u. kurzer Silben. Bei der Nachbildung im Dt., wie überhaupt in den german. Sprachen, treten gewöhnl. an die Stelle der langen (Hebungen: —) lautstarke Silben, an die Stelle der kurzen (Senkungen: ◡) lautschwache; gezählt werden nur die Tonsilben; diese waren im Altgermanischen durch Stabreim (↑ Alliteration) verbunden, den der aus der lat. Kirchendichtung stammende Endreim allmählich (9.–11. Jh.) verdrängte. Regelmäßiger Wechsel zw. Hebung u. Senkung wurde seit d. Renaissance gefordert. Die nicht dynamisch betonenden roman. Völker hingegen konnten bei der

Empfohlene Zitierweise:
Meyers Blitz-Lexikon. Die Schnellauskunft für jedermann in Wort und Bild., Leipzig 1932, Spalten 693–694. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LA2-Blitz-0402.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2022)