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daß es der verjüngten Schönheit der Natur sich erschließe, und mich erweckt zu frischer Thätigkeit und Arbeit, zu neuer Lebenslust und Liebe.

Mein Gott! es ist mein fester Wille, diesen Tag in nützlicher Geschäftigkeit zuzubringen. Alle meine Pflichten und Aufgaben will ich still, anspruchslos und in regem Eifer erfüllen, nichts vernachlässigen, und in Allem den Geist der Ordnung walten lassen. Doch mein Gott, wie schwankend ist des Menschen Wille, und wie fruchtlos ist sein Thun und Schaffen, so du nicht deinen Segen darauf ruhen lässest! Drum flehe ich in Inbrunst zu dir, Allmächtiger: Laß wohlgelingen, was ich in Demuth und im Vertrauen auf dich beginne, daß meine Thätigkeit und mein Fleiß den Wohlstand und die Ehre meines Hauses mehre, mein Wirken und Walten ein heilsames sei, und stets das Nützliche und Wohlthuende für meine Lieben zu Tage fördere. Lege deinen Segen auf das Geschäft und den Beruf meines Gatten, daß seine Pläne und Entwürfe stets weise und glücklich, und seine Unternehmungen frucht- und gewinnbringend seien. Begnadige uns Alle mit deinem besten Gottessegen: einer festen Gesundheit, einem heitern Sinne und einem genügsamen Herzen, daß wir mit frohem Muth und voller Kraft unser Tagewerk vollbringen. Gib, o Gott, daß ich den Tag rein und sündenfrei verlebe, nie vergesse, daß es die Bestimmung jedes Tages ist, uns besser und vollkommner zu machen, und uns auf jenen großen Tag vorzubereiten, wo du uns in das Reich des höhern Lebens einberufst – damit nicht der Erwerb und der Gewinn irdischer Güter ganz und gar unser Sinnen und Denken gefangen nehme.

Laß, Allgütiger, stets Friede und Eintracht in meinem Hause herrschen. Erleuchte meinen Geist, daß ich es verstehe, mir die Liebe und die Achtung meiner Angehörigen zu erwerben, und wenn mir was Liebloses begegnen sollte, mit Gleichmuth und Geduld es aufzunehmen, und dem bittern Worte stets ein sanftes Schweigen entgegen zu setzen. Bewahre mich, daß ich in den Stunden der Freude und des Genusses, mich niemals dem Uebermuth und der Versündigung hingebe, und lehre mich, o Gott, in den Stunden des Schmerzes deinen Willen ergebungsvoll tragen, und deine Huld in jedem Verhältnisse erkennen. Segne mir diesen Tag, daß er einer der guten, einer der nützlichen, einer der glücklichen werde, heilbringend für mein ganzes Leben. Amen.

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Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/15&oldid=- (Version vom 1.8.2018)