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Die Kämpfer ruh’n, doch würden sie
Je wieder uns erreichen,
Sie sollen’s finden, daß wir nie
Von unsern Fahnen weichen.


Eine Legende,
aus dem Menorath Hamaor, zur Erbauung, am Versöhnungstage, zur Zeit des Mussaphgebetes.[1]

Ueber Juda war gekommen eine Zeit der Noth und Schmach,
Salomonis heil’ger Tempel tief in Schutt und Asche lag,
Reich an Trümmern, leer an Menschen, lag Jerusalem zerstört,
Doch die Glaubenstreue hatte nicht im Volke aufgehört.

Da begann der Heidenkaiser eines Tags mit wildem Spott:
„Will doch sehen, ob sie halten fest an ihrem alten Gott;
Bringt mir her die fromme Mutter, die, wie jüngst man mir gesagt,
Lebt mit ihren sieben Söhnen, gläubig, fromm und unverzagt!” –

Und die fromme Mutter führen sie, gleich einer Sünderin,
Ist Geleite ihrer Söhne vor den Thron des Kaisers hin,
Und er spricht zum ält’sten Sohne: „Siehst du jene Erzgestalt?
Das ist meines Gottes Bildniß, beuge dich vor ihm alsbald!”

Doch es gibt zur Antwort Jener: „Unsre heil’ge Schrift gebeut:
„Ich der Herr, ich bin dein Gott, der aus Egypten dich befreit,
Keinen andern Göttern sollst du weihen im Gebete dich,
Keinem Götzenbild dich beugen, denn dein Gott allein bin ich!“[2]

Also sprechend ward der Jüngling weggeführt zu Qual und Tod,
Und der Herrscher d’rauf dem Zweiten: „Opfre diesem Gott!” gebot;
Doch der sprach: „Wer andern Göttern dienet als dem Herrn allein
Soll vertilgt mit seiner Sünde von dem Erdenrunde sein.”[3]

Tödten ließ auch ihn der Kaiser und befahl mit kaltem Hohn:
”Kniee zum Gebete nieder nun du dritter frommer Sohn!”
„Im Gesetz,” erwiedert dieser, „steht – wie du auch zornig bist:
„Höre Israel, der Ew’ge, unser Gott, der einz’ge ist!”[4]


  1. Von L. Liber.
  2. 2. B. M. 20, 2–5.
  3. 2. B. M. 22, 19.
  4. 5. B. M. 6, 14.
Empfohlene Zitierweise:
Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/151&oldid=- (Version vom 1.8.2018)