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mit Freude und Liebe begrüßen wir sie, die sich heute von Neuem uns erschließt. Sie ist es, die uns so reich an Gottesfreuden, die uns so wahrhaft glücklich macht. Sie ist der Lebensbaum, an dessen Früchten der unsterbliche Geist sich nährt, und die fromme Seele sich ergötzt; sie ist das Panier, um das sich alle Frommen schaaren und alle Glaubensstarken sich die Hände reichen zum heiligen Bunde; sie ist die Fahne, zu der sie schwören, zu vollbringen das Gute und Heilige, zu Gottes Ehre und zu ihres Glaubens Verherrlichung; sie ist das Banner, dem sie folgen durch die Erdenpilgerschaft; sie ist der Kelch, aus dem wir trinken stille Ruhe und Gottesfrieden für das stark bewegte Herz, frohe Hoffnung und süßen Glauben für das bang verzagte Gemüth, Himmelstrost und Lebensbalsam für die schmerzenswunde Seele; sie ist die Sonne, die uns das dunkle Erdenthal erhellt, sie ist das Licht, das die düstere Hütte des Elends und des Ungemachs verklärt und in reiner Gottesfreude strahlen macht.

Dank und Preis und Ruhm dir, Allerhöchster, daß du ein solches Kleinod uns hast anvertraut. Verherrlichung und Anbetung dir, daß du durch dein Wort, durch deine Lehre unser Leben so reich, so bedeutungsvoll gemacht. Ohne sie wäre unser Leben nur ein wüster, banger Traum, eine Brücke ohne Lehne, ein Kahn ohne Führer auf stürmischer See.

O, mir schwindelt, wenn ich bedenke, was ich ohne sie wäre, und heiliger Jubel durchzieht meine Seele, wenn ich denke, was ich in ihr besitze. Gib, Allmächtiger, daß dein göttliches Wort stets in mir lebe, mein Herz veredle und stark mache, stark im Glauben, stark in der Liebe und Treue zu dir, stark im Dulden und Tragen deiner Prüfungen und Schickungen. Möge nie der Segen deiner Lehre von meinem Hause, von meinen Kindern und von meinen Kindeskindern weichen; möge der helle Strahl deines Gottesfriedens und deiner Gottesfreuden uns stets erleuchten und verklären. Amen.


Gebet am Lichtfeste.[1] (חנוכה‎)

Und Gott sprach: „Sind sie doch mein
Volk, Kinder, die nicht falsch sein werden,“
und so ward er ihnen zum Helfer.
 (Jos. 7, 8.)

Mein Gott und Herr! Freundlich schimmern heute in unsern Wohnungen die Lichter, die wir, als die Nacht sich niedersenkte, angezündet


  1. Chanuka, das Fest der Tempelweihe, tritt am Abend des 24. Kiylaw zum Angedenken an den Heldenkampf der Makkabäer
Empfohlene Zitierweise:
Fanny Neuda: Stunden der Andacht. Wolf Pascheles, Prag 1858, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuda-Stunden_der_Andacht-1858.pdf/80&oldid=- (Version vom 2.5.2023)