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Hermann Knothe: Das Landeswappen der Oberlausitz

Im Lande selbst aber bedurfte man keines Landeswappens. Bei den allgemeinen Landesangelegenheiten konkurrierten drei Faktoren: der Landvogt, als Vertreter der Regierung, die Ritterschaft, meist „Landschaft“ oder kürzer „Land“ genannt im Gegensatz zu den Städten, endlich diese Sechsstädte selbst. Die Landvögte siegelten stets nur mit ihrem Familiensiegel[1], die Vertreter der Ritterschaft, die Landesältesten, desgleichen[2]; von den Städten aber hing bei wichtigen Gelegenheiten jede einzelne ihr Siegel an.[3] Bisweilen aber siegelten bloss die drei grösseren Städte nicht nur für die drei kleineren, sondern auch für die gesammte Ritterschaft.[4] Ja bisweilen vertrat Bautzen allein, als Hauptstadt und Vorort des Sechsstädtebundes, mit seinem Siegel nicht nur die übrigen Städte, sondern auch die Ritterschaft. Als den 24. April 1449 die Oberlausitz mit Kurfürst Friedrich von Sachsen zur Sicherheit der Strassen eine Einigung schloss, heisst es zum Schluss: haben wir obingnanter Hanns von Coldicz voyt, wir burgermeister, ratmann und gantcze gemeyne der stat Bwdissin unnser ingesigil vor uns und andere lantmanne und ratmanne der lande und stete Gorlicz, Luban, Lobaw und Camencz lassen hengen.[5]

Wo es sich aber bloss um Angelegenheiten der Sechsstädte unter sich handelte, galt folgender Brauch. Wie


  1. Eine Urkunde von 1359, worin „Nickil von Ertmarstorff [Unter-] Vogt zu Budissin“ erklärt, er habe „diz kunigliche Ingsegil an desin offen brif gehangen“ (Laus. Magaz. 1873. 192), haben wir in dem Domarchiv zu Bautzen leider nicht mehr aufzufinden vermocht.
  2. Z. B. 1432: „Des zu eynem bekentnisse – ist desir entscheitbriff vorsegilt under Fredemans von Gersdorff ingesegil von des landis wegen“ (d. h. von Seiten der Ritterschaft). Oberlausitzer Urkunden-Verzeichnis II, 31c
  3. So ward z. B. eine Bündnisurkunde der Oberlausitz (mit Hans von Cottbus) 1415 versehen mit dem Siegel des Landvogts, denen der drei Landesältesten „von dem Lande zu Budissin, von dem Lande zu Görlitz und von dem Lande zu Zittau“, und denen der sämmtlichen sechs Städte. Lausitzer Magazin 1785. 189.
  4. Als 1398 sich die gesammte Oberlausitz mit den Städten Meissen, Dresden, Hain [Großenhain] gegen die Strassenräuber verband, heisst es, des zu Urkund habe der Landvogt sein Siegel und „wir rathluthe der stete Budissin, Garlicz, Zitaw unser ingesegl vor uns und vor dy vorgeschreben land (d. h. Ritterschaft der Weichbilde Budissin, Görlitz und Zittau) und vor dy stete Luban, Lobaw und Camenz an disin briff lassin hengin“. Carpzov, Ehrent. I, 116 fg.
  5. Hauptstaatsarchiv zu Dresden. Orig. No. 7082.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann Knothe: Das Landeswappen der Oberlausitz. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Alterthumskunde. Dritter Band, Zweites Heft. Wilhelm Baensch Verlagshandlung, Dresden 1882, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Neuesarchivfur03sach.djvu/111&oldid=- (Version vom 1.8.2018)