Seite:Onkel und Neffe 1 21.jpg

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Onkel und Neffe stiegen, so schnell es gehen wollte, den Schloßberg empor, dann ließ sich letzterer nicht länger halten und lief voraus. Das Wohnzimmer war leer – er wartete hier, tief Athem holend, auf den Onkel und führte ihn an der Hand an die Thür des anstoßenden Zimmers. „Nun", sagte er endlich und legte die Hand auf die Klinke. Als die Thür sich öffnete, brach ihm strahlender Lichterschimmer entgegen – mit einem Blick das Zimmer überfliegend, sah er eine reiche Bescheerung ausgebreitet und nun trat selbst der italienische Onkel in den Hintergrund.

„Da habt ihr ihn!" und: „Onkel, Onkel, Du hast mir also nur etwas weiß gemacht?" – weiter war nichts aus Robert herauszubringen. Er eilte an den Bescheerungstisch und ein Ausruf des Entzückens nach dem andern verhallte ungehört, während die Geschwister sich stumm und bewegt umarmten. Endlich wendete sich Onkel Ferdinand an den Kleinen und sagte:

„Nun geh aber einmal in meinen Pelz – in der einen Tasche steckt etwas für Dich!"

Robert sprang hinzu; er riß hastig eine Enveloppe auf und jubelte: „Ein Muschel-Tuschkasten – mit Gold und Silber – aber Du bist gut, Onkel Ferdinand!"

„Schußgeld für die wilde Katze – das gehört sich doch so, denk' ich."

Mitternacht war schon vorüber, als die Geschwister noch plaudernd beisammen saßen und Robert staunend zuhörte. Draußen aber stöberte es in Einem fort, als sollte die ganze Welt unter Schneewasser begraben werden.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Lavant: Onkel und Neffe (Rudolf Lavant) . Druck und Verlag der Genossenschafts-Buchdruckerei., Leipzig 1879, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Onkel_und_Neffe_1_21.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)