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seine Zeitprojektionen A1, A2, A3, ... etc. fallen in der wirklichen Anschauung mit ihm selbst zusammen. Da also die wirkliche (unmittelbare) Anschauung mir nie die Zeitlinie selbst enthüllt, sondern dieselbe stets durch einen einzigen Raumpunkt ersetzt, woher nehme ich die Berechtigung, diese bloß gedachte Zeitlinie für eine ihrer Natur nach gerade zu halten?

Die Antwort ergiebt sich sofort, wenn wir den Grundcharakter einer räumlichen Geraden ins Auge fassen. Nehmen wir an, daß die ganze Punktreihe A0, A1, A2, A3 etc. im Raume läge, so wird diese Punktreihe als eine Gerade aufgefaßt, sobald es mir gelingt, mein Auge in eine solche Stellung zu ihr zu bringen, daß einer der Punkte alle anderen verdeckt, daß also die ganze Gerade in einen einzigen Punkt zusammenschmilzt. Genau dies ist aber der Fall bei der Zeitlinie. Irgend eine Zeitprojektion An verdeckt alle Zeitprojektionen An-1, An-2 etc. des Punktes, so daß die ganze Zeitlinie in einen einzigen Punkt zusammenschmilzt. Hieraus folgt die Berechtigung, ja die Notwendigkeit, die Zeitlinie in Form einer Geraden darzustellen. Ich werde deshalb von nun an die Zeitlinie, die durch den Raumpunkt A0 geht, den diesem Punkte zugeordneten Zeitstrahl nennen.

§ 10. Weshalb man dem Zeitstrome nicht irgend eine Richtung zuschreibt?

Wenn man aber den Zeitstrom durch eine gerade Linie darstellt, so fragt es sich weiter, weshalb wir dieser Linie keine Richtung zuschreiben? Eine jede gerade Linie im Raume hat nämlich eine bestimmte Richtung, die wir in einem positiven oder umgekehrt in einem negativen Sinne durchzulaufen vermögen. Was den Zeitstrahl betrifft, kann man ihn zwar gedanklich sowohl im positiven als auch im


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Menyhért Palágyi: Neue Theorie des Raumes und der Zeit. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1901, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PalagyiRaumzeit.djvu/30&oldid=- (Version vom 1.8.2018)