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aufzufassen, und es kann demnach ebenso wenig zu einem Bewußtsein gelangen, wie das eindimensionale Wesen, dem nur eine einzige Punktempfindung zur Verfügung steht. Der ganze Vorteil des zweidimensionalen Wesens im Vergleich zu dem eindimensionalen würde nur dann zur Geltung gelangen, wenn es eine Punktempfindung mit der anderen in Verbindung brächte, aber gerade dieser Vorteil geht ihm ab, und so befindet es sich in derselben Lage wie das eindimensionale Wesen. Allerdings könnte es einen Empfindungspunkt nach dem anderen auffassen, doch kann ihm dies zu nichts nützen, da eine jede dieser Empfindungen völlig außer Beziehung zu der anderen besteht. Das Bewußtsein dieses zweidimensionalen Wesens ist also eine bloße Wiederholung des eindimensionalen Bewußtseins, d. h. eine wiederholte Bewußtlosigkeit.

Trotzdem ist es zweckmäßig, von einem zweidimensionalen Bewußtsein zu sprechen, weil wir dasselbe als einen Grenzfall unseres Bewußtseins auffassen können. Die Unmöglichkeit eines zweidimensionalen Bewußtseins besagt für das unsrige zunächst, daß wir unfähig sind, eine mathematische Linienerscheinung sinnlich zu fassen. Indem wir aber die mathematische Linie bloß als Gedankengrenze auffassen, werden wir das Bewußtsein in zwei Dimensionen ein anschauendes oder vorstellendes Bewußtsein nennen und die Vorstellung definieren können als die Bethätigung des Bewußtseins in zwei Dimensionen.

Wir sehen ferner, daß zwei verschiedene einfache Identifikationsurteile A ≡ A, B ≡ B nicht genügen, den Besitz eines Bewußtseins zu sichern, da die beiden, wenn auch einzeln gefällt, doch nicht in Verbindung miteinander gebracht sind. Und so erwächst uns die neue Frage, ob ein drittes Identifikationsurteil, C ≡ C, durch welches die beiden vorigen Urteile in Beziehung gesetzt würden, die Denkfähigkeit eines


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Menyhért Palágyi: Neue Theorie des Raumes und der Zeit. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1901, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PalagyiRaumzeit.djvu/49&oldid=- (Version vom 1.8.2018)