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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

für alte Schuld und Erlangung und Genuss neuen Guts zu erbitten pflegt.

25 (5.) Dass aber dem heiligen Charakter seiner Gesetzgebung nicht bei den Juden allein, sondern auch bei allen anderen volle Bewunderung gezollt wird, das ist nicht nur aus dem schon Angeführten ersichtlich, sondern auch aus der folgenden Tatsache. 26 Ursprünglich waren die Gesetze in chaldäischer[1] Sprache abgefasst worden, und sie erhielten sich lange Zeit in derselben Fassung, ohne die Sprache zu ändern, solange sie nämlich ihre Schönheit den anderen Menschen noch nicht enthüllt hatten. 27 Als aber infolge der unausgesetzten täglichen Uebung und Betätigung durch ihre Beobachter auch andere auf sie aufmerksam wurden und ihr Ruhm überallhin drang – denn das Schöne wird zwar durch Missgunst bisweilen auf kurze Zeit in den Schatten gestellt, erstrahlt aber bald zu geeigneter Zeit dank dem Wohlwollen der Natur[2] wieder –, hielten es manche für einen Uebelstand, dass die Gesetze bei der Hälfte des Menschengeschlechts[3], bei der nichtgriechischen, allein sich finden, der hellenische Teil dagegen ihrer für immer unteilhaftig sein sollte, und gingen deshalb daran sie zu übersetzen. 28 Diese Aufgabe war aber, da sie eine hohe und gemeinnützige war, nicht Privatleuten oder Beamten, deren es eine grosse Zahl gibt, sondern Königen und zwar dem angesehensten Könige vorbehalten[4]. 29 Ptolemäus mit dem Beinamen Philadelphus war der dritte Herrscher seit Alexander, dem Eroberer Aegyptens, an Herrschertugenden der tüchtigste nicht nur seiner Zeitgenossen, sondern aller, die seit alter [p. 139 M.] Zeit gelebt haben, so dass noch jetzt, so viele Generationen nach ihm, sein Lob gesungen wird; hat er ja viele Beweise


  1. Chaldäisch ist bei Philo oft gleichbedeutend mit Hebräisch; vgl. Ueber Abraham § 8, Leben Mos. I § 5.
  2. „Natur“ hier, wie häufig bei Philo, für „göttliche Vorsehung“; vgl. Ueber Joseph § 38. Aehnlich natura bei Horaz Sat. I 6,93 und sonst.
  3. Dass die Bekenner des jüdischen Gesetzes die Hälfte der Menschen ausmachten, ist natürlich Uebertreibung.
  4. Die folgende Erzählung von der Entstehung der alexandrinischen Bibelübersetzung stimmt in den wesentlichsten Zügen mit der Darstellung in dem Briefe des Pseudo-Aristeas überein.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/007&oldid=- (Version vom 1.8.2018)