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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

Uebertragung nicht zulässt, sondern die von Anfang an für sie gebrauchte unverändert bleiben muss, so haben wahrscheinlich auch diese Uebersetzer die mit den Dingen sich deckenden Ausdrücke aufgefunden, die allein oder am deutlichsten die dargelegten Gedanken wiedergeben konnten. 40 Der klarste Beweis dafür ist folgender Umstand. Wenn Chaldäer die hellenische Sprache oder Hellenen die chaldäische erlernt haben und beide Schriften, die chaldäische und ihre Uebersetzung, lesen, so erkennen sie mit Bewunderung und Ehrfurcht, dass sie wie Schwesterschriften oder vielmehr gleichsam eine und dieselbe sind in den Dingen und den Ausdrücken dafür, so dass sie jene Männer nicht Uebersetzer, sondern Oberpriester und Propheten nennen, denen es gelungen sei, durch sonnenklares Denken mit Moses’ reinem Geisteshauche gleichen Schritt zu halten. 41 Daher wird auch noch bis auf den heutigen Tag alljährlich ein Fest und eine Festversammlung auf der Insel Pharus abgehalten, zu der nicht bloss Juden, sondern auch andere in sehr grosser [p. 141 M.] Menge hinüberfahren, um den Ort zu verherrlichen, an dem zum ersten Male das Licht dieser Uebersetzung erstrahlte, und um der Gottheit den Dank für die alte, stets jung bleibende Wohltat darzubringen. 42 Nach den Gebeten und den Danksagungen veranstalten die einen in Zelten, die sie am Gestade aufgeschlagen haben, die anderen, in dem Sand am Strande sich lagernd, unter freiem Himmel mit Angehörigen und Freunden ein Festmahl und halten zu dieser Zeit das Gestade für prächtiger als die prächtigste Ausstattung in Palästen. 43 So erweisen sich die Gesetze als eifrig begehrt und geschätzt bei allen Gemeinen und Vornehmen, und dies trotzdem seit langer Zeit das Volk nicht glücklich ist; gewöhnlich pflegen ja die Vorzüge derer, die sich nicht im Glücke befinden, irgendwie in den Schatten zu treten. 44 Wenn aber erst für dies Volk der Beginn eines glänzenderen Loses einträte, wie gross würde da wohl erst der Zuwachs sein? Die andern würden wohl alle, meine ich, ihre eigenen Sitten aufgeben und den väterlichen Gebräuchen von Herzen absagen und sich ausschliesslich zur Wertschätzung dieser Gesetze bekehren. Denn mit dem Glücke des Volkes werden gleichzeitig

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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/010&oldid=- (Version vom 1.8.2018)