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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

solchen Vorzugs gewürdigt worden wäre, sondern nur weil er allein keine Gemeinschaft mit der Menge hatte, die der Ueppigkeit sich hingegeben hatte und alle Genüsse und Lüste durch ihre reichen Mittel noch anfachte wie eine Flamme, in die man Oel als Brennstoff giesst[1]. 59 (11.) Zur Zeit der grossen Flut aber, als das Menschengeschlecht – ich könnte fast sagen ganz – umkam, soll, so wird erzählt, ein einziges Haus von allem Uebel unberührt geblieben sein, weil das ehrwürdigste Mitglied und Haupt des Hauses an keinem Unrecht freiwillig teilgenommen hatte. Die Art seiner Rettung, wie sie die heiligen Bücher schildern, verdient sowohl wegen ihrer Wunderbarkeit als auch zugleich zum Zweck der Besserung des Charakters (der Leser) erzählt zu werden. 60 Da Noah für geeignet befunden wurde, nicht nur von dem gemeinsamen Unheil unberührt zu bleiben, sondern auch selbst den Anfang einer neuen Schöpfung der Menschen zu bilden, führte er auf göttlichen Befehl, den ihm die Gottessprüche mitteilten, einen sehr grossen Bau aus Holz auf, gegen dreihundert Ellen lang, fünfzig Ellen breit und dreissig Ellen hoch, richtete darin miteinander in Verbindung stehende Wohnungen zu ebener Erde, im Oberstock, im dritten und vierten Stock ein[2], versah sich mit Nahrung und führte von


  1. ὥσπερ φλόγα λασίῳ ὕλῃ κεχυμένῃ gibt schwerlich einen erträglichen Sinn. Ich lese ἐλαίου ὕλῃ für λασίῳ ὕλῃ, wie ξύλων ὕλην συγκομίζειν II § 214 von dem Sammeln des Holzes zum Feuer gesagt wird, wie ferner De spec. legg. IV § 125 vom Talg (στέαρ) gesagt wird ὡς ὕλη φλογὸς ἐπιφερόμενον ἀντ’ ἐλαίου διὰ τὴν πιότητα u. s. w. Vgl. Xenoph. Sympos. 2,24 τὰς δὲ φιλοφροσύνας ὥσπερ ἔλαιον φλόγα ἐγείρει. Vgl. auch das Wort des Anaxagoras bei Plutarch (Perikles 16 extr.) ὦ Περίκλεις, καὶ οἱ λύχνου χρείαν ἔχοντες ἔλαιον ἐπιχέουσιν und Horaz Sat. II 3,321: adde poemata nunc, hoc est, oleum adde camino, in ähnlichem Sinne von der Leidenschaft, Verse zu machen. Philo hat den Ausdruck „Oel ins Feuer giessen“ in seiner rhetorischen Manier zugestutzt. Der Gedanke scheint aber ganz ähnlich wie hier bei Cicero vorzuliegen im Hortensius frg. 74 (Müller): ad iuvenilem lubidinem copia voluptatum, gliscit illa ut ignis oleo. Zur Verbindung ἐλαίου ὕλη vgl. auch noch § 72 λίθων πολυτελῶν ὕλης. Eine Spur der ursprünglichen Lesart ἐλαίου ist vielleicht noch in der Variante κεχριμένην (für κεχυμένῃ) der Handschriftenklasse A erhalten.
  2. Die biblische Erzählung (1 Mos. 6,16) nennt nur drei Stockwerke, ebenso die griechische Uebersetzung. Josephus (Altert. I § 77) spricht wie Philo von einem vierstöckigen Bau.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/014&oldid=- (Version vom 1.8.2018)