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Philon: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn

(Eva) nähert, gebiert sie alsbald das grösste seelische Uebel, den Wahn, denn sie wähnt, alles zu besitzen (Kain = Besitz), was sie erfasst (§ 53-57). Der Geist war vor Erschaffung der Sinnlichkeit nicht fähig, die körperlichen Dinge zu erfassen; nachdem aber die Sinnlichkeit aus ihm geschaffen und ihm beigegeben war, konnte er mit ihrer Hilfe alle Aussendinge erkennen und gelangte gleichfalls zu dem Wahnglauben, dass alles sein Besitztum sei, während in Wahrheit alles nur Gottes Besitz ist (§ 58-66). In demselben Wahn ist Laban befangen, da er zu Jakob sagt, dass alles ihm gehöre (§ 67-73). Es gibt keinen schlimmeren Feind der Seele als den, der sich selbst zuschreibt, was Gott gehört (§ 74-82).

Gott allein darf sagen, dass alles sein Besitz ist, wie es auch die hl. Schrift ausspricht in den Worten 4 Mos. 28,2 „meine Geschenke, Gaben und Früchte, die ihr mir darbringen sollt an meinen Festen“; denn von Gott allein kann man in Wahrheit sagen, dass er Feste feiert (§ 83-86). Auch der Sabbat wird „Sabbat Gottes“ genannt, weil Gott allein das Ausruhen – bei beständiger müheloser Tätigkeit — zukommt (§ 87-90). Schilderung der Feste, wie sie gewöhnlich (bei den Hellenen) gefeiert werden, und wie sie richtig gefeiert werden müssten: wir müssen unsere Seele gut ausrüsten, damit sie eine würdige Wohnstätte Gottes werde, zu der er herabkommt, um uns Wohltaten zu erweisen (§ 91-100). Die vom Bösen gereinigte und mit Erkenntnissen und Tugenden ausgerüstete Seele bekennt Gott als den Beherrscher aller Dinge und will ihm dienen (§ 101-107). Dass alles Besitz Gottes ist und den Geschöpfen nur der Niessbrauch zusteht, zeigt das Schriftwort 3 Mos. 25,23 „mein ist das ganze Land“ (§ 108-112). Alles, was der Mensch zu besitzen glaubt, hat er nur als Lehen erhalten, und die Geschöpfe sind nur Fremdlinge und Beisassen in Gottes Weltstaat (§ 113-123). Wenn also der Geist das mit der Sinnlichkeit Erzeugte Kain nennt, es als eigenen Besitz ansieht und sagt „ich habe einen Menschen erworben durch Gott“, so irrt er und drückt sich falsch aus; denn Gott ist nicht ein Werkzeug, sondern Urheber aller Dinge (§ 124-130).

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Philon: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1919, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonCherGermanCohn.djvu/005&oldid=- (Version vom 1.8.2018)