Seite:Posse Band 5 0154.jpg

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Da nun Heinrich II. als König auf dem Revers seiner Bleibulle (I, Taf. 11, 5) wieder die von Otto III. aufgegebene Inschrift der Karolingerzeit (Renovatio regni Francorum) führte, so können wir wohl als sicher annehmen, daß auch die Reverse der Bullen Ottos I. und II. die gleiche Inschrift getragen haben.

Als Kaiser hat dann Heinrich II. das Reversbild – alle seine Bullen tragen auf dem Avers das Brustbild des Herrschers – der Bullenstempel geändert. Nur vorübergehend ist der eine im Jahre 1014 geführt worden (IV, Taf. 73, 7. 8). Der Revers zeigt anstatt der bisherigen Inschrift inmitten eines Mauerkranzes die Halbfigur des heil. Petrus, der in der Linken zwei Stäbe hält mit den Siegeln SPR (Senatus Populusque Ramanus), stellt also bildlich die „Aurea Roma“ Ottos III. dar. Diese Darstellung verläßt aber schon 1014 der dritte Bullenstempel: der Revers trägt nach Art der Münzen und der süditalienischen Herzogssiegel[1] ein auf das rautenförmige O kreuzförmig aufgebautes, von zwei Kreisen umschlossenes Monogramm (I, Taf. 11, 7), das als Deus protege imperium Romanorum zu deuten sein dürfte und dem Sinne nach die bildliche Darstellung Roms der zweiten Bulle ersetzen soll.

Noch schwankte die Darstellung der Bullenbilder unter Konrad II., noch ist das Bild des Vaters auf den Avers, das seines Mitregenten Heinrichs III. auf den Revers gesetzt (I, Taf. 13, 5. 6), aber die zweite Bulle seit 1033 vereinigt auf der Vorderseite die Porträts von Vater und Sohn (I, Taf. 13, 7. 8), um Platz zu schaffen für das Bildnis der Stadt Rom, das in Bild und Wort der Vorstellung von der Fortdauer des römischen Reichs Ausdruck geben soll: über das mit Tor und Türmen versehene Stück einer Stadtmauer ragen von rückwärts Kirchtürme und spitze Dächer empor, die zu beiden Seiten des Bildes verteilten Worte Aurea Roma lassen den Sinn erraten, es ist eine Darstellung der Stadt Rom, des ehrwürdigen Sitzes der Weltherrschaft, gemeint und ihre Bedeutung wird noch schärfer betont durch den fortan als Kreisschrift des Bullenreverses ständig anzutreffenden Hexameter „Roma caput mundi regit orbis frena rotundi“. Dieses Bild ist seit Konrad II. zu einer festen Form für den Bullenrevers geworden.

Erweislich hielt die Reichskanzlei während der Stauferzeit an den ihr von den Ottonen und Saliern her überlieferten Siegelbildern fest; und wohl auch der Typus der Goldbulle Lothars III. (I, Taf. 20, 5. 6) ist unter Konrad III. derselbe geblieben, wenigstens läßt es sich daraus schließen, daß Abt Wibald von Stablo, nur wenige Wochen nach der Krönung des Königs Friedrichs I. dem nach Utrecht abgereisten Könige den Apparat zur Herstellung der goldenen Bulle nachsandte und sich in der Kürze der Zeit die Bulle des verstorbenen Königs Konrads III. zum Muster nahm[2]. Zudem entspricht die Bulle, mit der Friedrich I. als König (I, Taf. 21, 3. 4) siegelte, im allgemeinen der Lothars III. Nach der Kaiserkrönung führte Friedrich I. eine ganz ähnliche Bulle (I, Taf. 22, 3. 4), von der wahrscheinlich nur die Umschrift und Hauptseite erneuert wurde.

Seit Heinrich VI. tritt eine für die Folgezeit maßgebende Neuerung ein, indem er sich, gleichwie auf den Wachssiegeln, auf dem Throne sitzend darstellen ließ, während die rückwärts angebrachte Ansicht der Aurea Roma beibehalten wurde (I, Taf. 23, 5. 6). Die Entwickelung der Goldbulle ist damit bis zum Ende des Mittelalters im wesentlichen geschlossen.

Den thronenden Herrscher hat Friedrich II. in der Königszeit auch für den Avers der Goldbulle für Sizilien (I, Taf. 27, 3) übernommen, aber, da die Darstellung der ewigen Stadt auf dem Revers doch wohl nicht passend erschien, durch die Darstellung einer Burg, mit der Umschrift: Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat, und durch die Aufschrift Regnum Sicilie ersetzt. Als Kaiser behielt er für die Goldbulle Siziliens den Avers der Reichskanzlei bei, ließ aber auf dem Revers eine kleine Landkarte darstellen, mit der, wie die Umschrift: regnum Sicilie, ducatus Apulie et principatus Capue besagt, Sizilien gemeint ist (I, Taf. 30, 7).

Die Goldbulle behielt auch unter Rudolf I. den seit Heinrich VI. eingeführten Typus (I, Taf. 41, 6. 7) bei. Sie zeigt vorn den thronenden Herrscher, ein verkleinertes Abbild der Darstellung des Majestätssiegels, rückwärts die Aurea Roma in typischer Gestalt. Etwas abweichend ist der Revers der Goldbulle Ludwigs des Bayern (I, Taf. 41, 7) gestaltet, indem hier das schematische Torgebäude, das nur an der beigegebenen Inschrift als Sinnbild der ewigen Stadt zu erkennen ist, durch den Versuch einer realistischen Darstellung Roms ersetzt ist. Unter Karl IV. kehrte man aber wieder zum alten Herkommen zurück (II, Taf. 2, 1. 2; 3, 6. 7) und erst Maximilian I. blieb es vorbehalten, damit zu brechen (III, Taf. 6, 5. 6). Er ließ als Revers den Doppeladler auf seine Bulle setzen und dieser Vorgang ist dann, soweit in Gold gesiegelt wurde, fortan auch beibehalten worden[3]: auf dem Avers der thronende Kaiser, zu beiden Seiten je ein Greif, unter dem Podeste das Monogramm. Auf dem Revers halten Greifen zwei Feuerstähle, an denen das goldene Fließ hängt. Als Wappen sind angebracht der Doppeladler mit der Kaiserkrone, der österreichische Bindenschild mit dem Herzogshute, das altungarische Wappen mit der Königskrone, die Wappen von Burgund und Habsburg.

Ein von der Bulle Maximilians I. abweichendes Bild zeigt dann die Goldbulle KarlV. (III, Taf. 18, 1. 2): auf dem Avers der thronende Kaiser, zu beiden Seiten je ein Schild, rechts mit Doppeladler und Krone, links das kombinierte Wappen von Spanien, Sizilien, Österreich, Burgund u. a.; wie es sich auch auf dem Thronsiegel (III, Taf. 17, 3) befindet. Dieses Wappen trägt auch der gekrönte Doppeladler des Reverses auf der Brust.


  1. Erben a. O. 178
  2. Seyler, Gesch. der Siegel 147.
  3. Erben a. O. 178, 232, 271.
Empfohlene Zitierweise:
Otto Posse: Die Siegel der deutschen Kaiser und Könige Band 5. Wilhelm und Bertha v. Baensch Stiftung, Dresden 1913, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Posse_Band_5_0154.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)