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Rachen, und da lag das Tier wie ein großer zertretener Wurm tot am Wege.

In dem Kampfe mit dem Drachen zeigte sich nun freilich deutlich genug, daß Brömser nicht ohne Wunder und unmittelbare Eingriffe der Gottheit gerettet worden war. Er sandte endlich ein Dankgebet zu Gott und hatte bis zu seiner Heimkehr an den Rhein auf seinem Rößlein kaum einen anderen Gedanken als wie er eine stattliche Kapelle neben seiner Burg erbauen wolle, wo er sich dann vornahm stets recht andächtig in der Predigt und in der Messe zu sein.

So langte denn Brömser auch sehr glücklich in der Heimat an, begrüßte sein schönes Weib und seine lieblichen Kinder, überzeugte sich, daß von seinen Ackerknechten und Winzern nichts versäumt sei, um die Besitzung in gutem Stande zu erhalten, probte besonders die verschiedenen Jahrgänge des Rüdesheimers, der in seiner Abwesenheit gekeltert war, ging auf die Jagd, schoß Eber und Hirsche und vergaß sein Gelübde, neben seiner Burg ein Kirchlein zu erbauen.

Einst zog einer seiner Knechte vom Burghofe aus mit einem Wäglein, vor dem ein einziger Ochse langsamen Schrittes einherging. Da erscholl aus dem Gebüsche eine Stimme, die rief: „Not Gottes!“ Der Knecht sah nach der Richtung hin, aus welcher der Ruf herkam, und derselbe wurde während er suchte noch zweimal wiederholt. So gelangte er mit seinem Gespanne vor eine hohle Eiche, worin sich ein Bild befand, welches Christus am Ölberge darstellte, und vor dem der Ochse in die Kniee sank.

Der Knecht nahm das Bild bei seiner Heimkehr mit auf die Burg, schenkte es aber auf dem Schloßhofe Brömsers kleinen Söhnen zum spielen.

Am andern Tage fuhr derselbe Knecht mit dem Ochsen in den Wald. Als er nach der Burg zurückkehrte, hörte er wieder dreimal den Ruf: „Not Gottes.“ Er fuhr mit seinem Gespanne wieder dem Rufe nach und gelangte diesmal von einer ganz andern Seite her abermals zu der hohlen Eiche. Das Tier fiel wieder in die Kniee vor dem heiligen Baume. In der Eiche fand der Knecht dasselbe Gemälde Christus am Ölberge, welches die Kinder auf dem Burghofe hatten liegen lassen, von wo es von selbst in die hohle Eiche zurückgekehrt war.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/85&oldid=- (Version vom 1.8.2018)