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sich, daß bis jetzt so viele Beeren gefunden hatten. „Wie wird auch der gute Vater sich freuen!“ meinte der Knabe. Da rief plötzlich das Mädchen aus: „Mutter! Mutter! Sieh doch die schöne Blume! Die leuchtet ja wie Gold!“ – Die Mutter folgte mit ihren Blicken der angedeuteten Richtung. Ja, was war das! – Von jener Blume ging ein leuchtender Schein aus, der so hell war, daß er fast die Augen blendete. Voll Verwunderung blickten Mutter und Kinder jene seltsame Blume an, doch wagte es niemand, hinüber zu gehen und sie zu pflücken. So mochten mehrere Minuten vergangen sein, als die Blume auf einmal blitzartig aufleuchtete und – verschwand. Sie war nirgends mehr zu sehen. –

     Noch an manchem Tage kam die Frau mit ihren Kindern ins wüste Dorf, aber jene Wunderblume hat sie nicht wieder gesehen. Sie blüht selten; aller hundert Jahre nur an einem bestimmten Tage eine Stunde lang zur Mittagszeit. Wer da gerade im wüsten Dorf ist und es wagt, die Wunderblume zu brechen, der kann mit ihrer Hilfe alle verborgenen Türen, die zu großen Schätzen führen, finden und öffnen. Er würde unermeßlich reich werden.


Das weiße Männchen auf dem Kirchberge.

Ein alter Waldarbeiter aus Kleinwolmsdorf hatte sich einst am Kirchberge eine Hütte aus Reisig und Moos hergerichtet. In ihr suchte er Unterschlupf, wenn er bei seiner Arbeit etwa von einem Gewitter oder von einem heftigen Regengusse überrascht wurde. Zur Zeit des Sommers blieb er sogar nachts in seiner

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Friedrich Bernhard Störzner: Reinhardtswalder Sagenbüchlein. Buchhandlung Otto Schmidt, Arnsdorf in Sachsen 1924, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reinhardtswalder_Sagenb%C3%BCchlein_Fr._Bernh._St%C3%B6rzner_10.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)