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Betrachtungen über die Schwerkraft übergehen. Deutlichkeitshalber werden wir uns dabei zunächst auf eine vereinfachte Darstellung beschränken, die zwar in der Hauptsache, nicht aber in kleinen Einzelheiten zutreffend ist. Speziell setzen wir bei dieser elementaren Behandlung voraus, daß beim Übergang zu einem neuen Koordinatensystem die Zeit unverändert gelassen wird.

Wir denken uns ein Koordinatensystem x, y, z ruhend im Äther (wenn man will, ist dieses nur eine Redensart, um eines der soeben genannten Systeme P, P’, P“, … anzudeuten). Wir denken uns ein zweites Koordinatensystem x’, y’, z’, dessen Koordinatenachsen parallel denen des ersten Systems gewählt sind, und das sich mit einer gleichmäßigen Beschleunigung relativ zum Äther, in der Richtung der z-Achse, die wir uns z. B. nach oben hin gerichtet denken, bewegt. Die Erscheinungen werden nun in bezug auf diese zwei Systeme verschieden beschrieben werden. Wir denken uns z. B. einen Punkt, der im ersten System ruht. Dieser Punkt wird im zweiten System nach unten fallen. Ein Punkt, der im System z mit gleichmäßiger Geschwindigkeit nach oben geht, kann in z’ erst verzögert nach oben gehen, und dann wieder beschleunigt fallen. Ein Punkt, der in z eine geradlinige gleichmäßige Bewegung hat, die nicht längs der z-Achse gerichtet ist, wird sich in z’ längs einer Parabel bewegen. Alle diese Punkte bewegen sich im zweiten System in derselben Weise, wie wenn die Schwerkraft auf dieselben wirkte. Ein Beobachter im System z’ würde, falls er nicht wüßte, daß sein System eine beschleunigte Bewegung hat, sagen, daß auf alle Punkte in seinem System eine konstante nach unten gerichtete Kraft wirkt, eine Kraft, die er passend als Schwerkraft bezeichnen kann.

Durch Überlegungen dieser Art, die er präzisiert hat, indem er auch an die Stelle von t eine neue Zeit t’ einführte, und die Beziehung zwischen z, t und z’, t’ genau angab, ist Einstein[1] auf ein neues Prinzip, das Äquivalenzprinzip, gekommen, das wie folgt formuliert werden kann: Die Änderung, welche der Übergang vom System z, t


  1. A. Einstein, Über den Einfluß der Schwerkraft auf die Ausbreitung des Lichtes, Ann. d. Phys. (4) 36 (1911), S. 898; Lichtgeschwindigkeit und Statik des Gravitationsfeldes. Ann. d. Phys. (4) 38 (1912), S. 355; Zur Theorie des Gravitationsfeldes. Ann. d. Phys. (4) 38 (1912), S. 443.

    Weitere Literatur zur Einsteinschen Gravitationstheorie: A. Einstein und M. Großmann, Entwurf einer verallgemeinerten Relativitätstheorie und einer Theorie der Gravitation. ZS. f. Math. u. Physik, 62 (1914), S. 225. Auch separat herausgegeben: B. G. Teubner, Leipzig und Berlin, 1913. A. Einstein, Zum gegenwärtigen Stande des Gravitationsproblems. Physik. ZS. 14 (1913), S. 1249; 15 (1914), S. 108. G. Mie, Bemerkungen zu der Einsteinschen Gravitationstheorie, Physik. ZS. 15 (1914), S. 116, 169. A. Einstein, Prinzipielles zur verallgemeinerten Relativitätstheorie und Gravitationstheorie. Physik. ZS. 15 (1914), S. 176.

Empfohlene Zitierweise:
Hendrik Antoon Lorentz: Das Relativitätsprinzip. B.G. Teubner, Leipzig und Berlin 1914, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Relativitaetsprinzip_(Lorentz).djvu/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)