Seite:Reymont - Der Vampir.djvu/014

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glühender und hörte sich an wie strömender Regen, es schien die ergreifenden Wellen der Musik zu begleiten.

Zenon spielte immer leiser, die Klänge erstarben langsam, verstummten und fielen schwer herab wie erstarrte Perlen, so daß nur vereinzelte Akkorde, gleich verlorenen Seufzern, durch die Stille irrten, dann wieder zurückkehrten und hartnäckig schluchzten, – ergreifend.

Nach einer langen Weile toten Schweigens erhoben sie sich wieder, wie ein Schrei in der Wüste, – ein plötzlicher, durchdringender, schrecklicher Schrei.

Und wieder sank Grabesstille herab, aus der sich hin und wieder irre, einsam schluchzende Akkorde herausrissen … Das Gebet verstummte, doch diese monotone Stimme erhob sich jeden Augenblick, wurde leiser … starb … und kam wieder … und klagte wieder … wieder irrte sie umher; ein Schauer ließ alle erzittern, denn die Stimme war wie Verzweiflung, wie der Schrei von Menschen, die in einen Abgrund stürzen.

Yoe konnte sich nicht mehr beherrschen und drehte das Licht an.

Zenon saß wie leblos da, seine Augen waren geschlossen, sein Kopf war auf die Lehne des Stuhles gebeugt, die rechte Hand lag regungslos auf dem Knie, und die linke bewegte er mechanisch, ab und zu eine Taste anschlagend …

„Er ist im Trance,“ flüsterte Yoe, das Licht wieder abdrehend. Im Zimmer wurde es geradezu schrecklich, sie saßen schweigend wie in einem Grabe, zusammengekauert

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Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/014&oldid=- (Version vom 1.8.2018)