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Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie

VIII.
HANS SACHS UND EVCHEN.


„Guten Abend, Meister, noch so fleissig?“


Eva, des Nürnberger Goldschmiedes Pogner sittiges Töchterlein, hat in der Katharinenkirche den Junker Walther v. Stolzing gesehen und ihr Herz an den stattlichen Rittersmann verloren. „Mein Fräulein,“ fragte er der Sitte Brauch umgehend, „seid Ihr schon Braut?“ Die gute Magdalena antwortete an Eva’s Stelle:


Herr Ritter, was Ihr die Jungfer fragt,
das ist so leichtlich nicht gesagt;
fürwahr ist Evchen Pogner Braut –


Eva fügt aber beruhigend, erläuternd hinzu: noch Keiner hat den Bräutigam erschaut: Morgen erst wird ihn das Gericht ernennen, welches dem Meistersinger den Preis ertheilt. Vater Pogner hatte nämlich zur Feier des Johannistags ein grosses Wettsingen angesagt und seine einz’ge Tochter Eva dem zur Ehe versprochen, der sie im ehrlichen Wettstreit sich ersingen würde.

Der Junker Walther will sich am friedlichen Sängerkampfe betheiligen. Eva versichert, dass sie niemals einen Andern, als ihn wählen würde, und er antwortet mit der poetischen Erklärung:


Neu ist mein Herz und neu mein Sinn,
neu ist mir Alles, was ich beginn’.
Eines nur weiss ich,
Eines begreif’ ich:
mit allen Sinnen
Euch zu gewinnen!
Ist’s mit dem Schwert nicht, muss es gelingen,
gilt es als Meister Euch zu ersingen!


Aber der junge Herr Ritter ist weder ein zünftiger Dichter, noch ein schulgerechter Sänger, er war niemals „Schulfreund“ oder Schüler“, und seine Aufnahmeprüfung fällt sehr

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Text von Wilhelm Tappert: Richard-Wagner-Galerie. Hanfstaengl’s Nachfolger, Berlin 1876, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Richard-Wagner-Galerie.pdf/60&oldid=- (Version vom 1.8.2018)