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in diesem Augenblicke das Beste zu bewirken nicht im Stande sind, doch durch ihre Vermittlung das Uebel zu lindern und ein künftiges Gute vorzubereiten das Glück haben, und da man solche darunter zählt, wer wird sie nicht bedauern, wenn der Augenblick naht, der sie ihrer Hoffnungen vielleicht auf immer berauben soll.

Der Geheimerath scherzte darauf, mit einiger Bitterkeit, über junge Leute die einen Gegenstand zu idealisiren geneigt seyen; Karl schonte dagegen diejenigen nicht, welche nur nach alten Formen denken könnten, und was dahinein nicht passe nothwendig verwerfen müßten.

Durch mehreres Hin- und Wiederreden ward das Gespräch immer heftiger und es kam von beyden Seiten alles zur Sprache, was im Laufe dieser Jahre so manche gute Gesellschaft entzweyt hatte. Vergebens suchte die Baronesse, wo nicht einen Frieden, doch wenigstens einen Stillstand zuwege zu bringen; selbst die Geheimeräthin, die als ein liebenswürdiges Weib, einige Herrschaft über Karls Gemüth sich erworben hatte, suchte vergebens auf ihn zu wirken, das ihr um so weniger gelang als ihr Gemahl fortfuhr treffende Pfeile auf Jugend und Unerfahrenheit loszudrücken und über die besondere Neigung der Kinder mit dem Feuer zu spielen, das sie doch nicht regieren könnten, zu spotten.

Karl, der sich im Zorn nicht mehr kannte, hielt mit dem Geständniß nicht zurück: daß er den französischen Waffen alles Glück wünsche, und daß er jeden Deutschen auffordere, der alten Sklaverey ein Ende zu machen, daß er von der französischen Nation überzeugt sey, sie werde

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten. In: Die Horen 1795, Band 1–4. Cotta, Tübingen 1795, Seite 1-60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Die_Horen_1-1795.pdf/76&oldid=- (Version vom 1.8.2018)