Seite:Spiess Das Lahnthal.pdf/101

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Wohnung will man in der Gewandsgasse aufgefunden haben; indessen ist diese Behauptung, die sich auf eine ohnehin in der Wohnung nicht mehr vorhandene Fensterscheibe stützt, auf welcher der Name Göthe eingeschnitten gewesen sein soll, nicht sehr stichhaltig. Draussen aber vor dem Wildbacher Thore sieht man noch den von Linden beschatteten Brunnen, „an welchen er gebannt war, wie Melusine mit ihren Schwestern“, wo die alte patriarchalische Idee so lebhaft um ihn auflebte, „wie sie alle, die Altväter, am Brunnen Bekanntschaft machen und freien, und wie um die Brunnen und Quellen wohlthätige Geister schweben.“ „Sein Garten“, in welchem er den „Wanderer“ dichtete, ist wohl unter den umfangreichen Gärten zu suchen, welche sich unterhalb des Brunnens bis zur Lahn die Anhöhe terrassenförmig hinaufziehen, und die im Werther gerühmte, jetzt in der Gartenwirthschaft „zur Metzeburg“ auch dem Touristen zugängliche herrliche Aussicht auf das weite Flussthal verstatten. – Auch Garbenheim lässt sich vom Wildbacher- oder Wertherbrunnen und von dieser Gartenwirthschaft aus erreichen. Der Weg führt auf der Höhe hin, unfern des nach dem Flusse abfallenden Felsenabhangs, an dem nach der Dichtung Werther nach dem letzten Abschied von Lotte in Verzweiflung umherirrte und wo des andern Morgens der Hut des Unglücklichen gefunden wurde. Sodann gelangt man in die Nähe der Giessener oder Garbenheimer Warte, bei der sich ein herrlicher Rundblick unserm Auge eröffnet. Oestlich zeigen sich Giessen, die Burgen Gleiberg und Vetzberg, und ihnen zur Seite der rundgeformte Dünsberg; vor ihnen im Thale Atzbach und Dorlar; nordwärts blickt Schloss Hohensolms von der fernen Höhe herab; näher schaut hinter einer Anhöhe die Burg von Hermannstein hervor; daneben breitet sich das Dillthal aus, durch welches die Züge der Deutz-Giessener Eisenbahn heranbrausen oder ihrem fernen Ziele zueilen; im

Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/101&oldid=- (Version vom 1.8.2018)