Seite:Spiess Das Lahnthal.pdf/102

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Westen erscheint das freundlich gelegene Kloster Altenberg und das stolz sich aufthürmende Schloss Braunfels, während der Stoppelberg in sanft sich erhebender Linie die Aussicht nach Süden abschliesst. Und nun schreitet man die Anhöhe hinab, und erblickt das in Bäumen versteckte Garbenheim, welches mit seinen dichtbepflanzten Obstgärten lebhaft an Sesenheim erinnert, und findet sich leicht zu dem Lieblingsplatze Göthe’s zurecht, „so vertraulich, so heimlich, wie er nicht leicht ein Plätzchen gefunden“, wo er seinen Kaffe trank und seinen Homer las, und wo er „unterm Baum“ wohl auch im Mondschein ass, wie damals, als er von Lottens Besuch zu Atzbach zurückkehrte. Aber die Linden, welche zu seiner Zeit den Platz beschatteten, sind abgestorben und durch neue ersetzt; dafür aber bezeichnet ein einfacher Stein die Bedeutung dieser Stätte mit den Worten: Ruheplatz des Dichters Göthe zu seinem Andenken frisch bepflanzt bei der Jubelfeier am 28. August 1849. Auch das Wirthshaus am Platze ist noch in dem alten Zustand, und hinter ihm der Garten, wo Kestner den Dichter zum erstenmale sah, als er, im Grase auf dem Rücken liegend, sich mit einigen umstehenden Freunden über Philosophie unterhielt. Der hier aufgeworfene Hügel, welchen der speculative Wirth als Werthers Grab bezeichnet, ist nur in so fern erwähnenswerth, als er in früheren Jahren schon manche Libationen leichtgläubiger Wertherschwärmer aufgenommen hat. Der Weg zur Stadt zurück durch Wiesen und dann an der Lahn hin an den beiden Bierkellern vorüber ist bequem und anmuthig. – Eine etwas weitere Seitentour, auf den Stoppelberg, ist gleichfalls lohnend, und bietet dem Freunde Göthe’scher Dichtung noch ein besonderes Interesse, da er mit ihr den Besuch des Dorfes Volpertshausen leicht verbinden kann. Schon der Weg durch das heimliche Brülsbacher Thal an der Warte gleichen Namens vorüber, dann durch den Hochwald

Empfohlene Zitierweise:
August Spieß: Das Lahntal von seinem Ursprung bis zur Ausmündung nebst seiner nächsten Umgebung. Verlag von L. J. Kirchberger, Dillenburg 1866, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiess_Das_Lahnthal.pdf/102&oldid=- (Version vom 1.8.2018)